Verein EL-DE-Haus e.V.

Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Glückwunsch und Dank an Rolly Brings

Verleihung des Karl-Küpper-Preises 2022

Es war ein besonderer Abend, der zeigte wie die Stadt Köln von und mit ihrer Zivilgesellschaft lebt. Für sein langjähriges und beispielgebendes Engagement wurde Rolly Brings mit dem Karl-Küpper-Preis in der Piazzetta des Rathauses am 14. November geehrt. In seiner Ansprache stellte Präsident Christoph Kuckelkorn für die Preisgeber des Festkomitees Kölner Karneval von 1823 e.V., dem Verein der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums e.V. und der Stadt Köln heraus, dass Rolly Brings der Preis in Würdigung seines besonderen Maßes an Engagement und Zivilcourage für die vielfältige Stadtgesellschaft und seinen steten Einsatz gegen Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung verliehen wurde.

OB Reker, Rolly Brings, Bernhard Cronin und Christoph Kuckelkorn (Foto: HB)

Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die schon langjährig mit dem Preisträger freundschaftlich verbunden ist, betonte in ihrem Grußwort den Mut und seine Haltung mit denen er sich immer wieder für Demokratie, Gerechtigkeit und Verantwortung vor unserer Geschichte eingesetzt hat: „Es gibt Stimmen, die berühren uns – die dringen in unsere Herzen und unseren Verstand. Sie appellieren, sie erinnern – und sie bewegen. Rolly Brings hat so eine Stimme. Sie ist rau, ehrlich, klar und „Kölsch“. Und sie hat uns Kölnerinnen und Kölnern so viel mitgeteilt. Sie hat gemahnt zu Offenheit, sie hat Kante gezeigt gegen Rassismus und Antisemitismus. Sie hat ihr Wort erhoben gegen Diskriminierung. Sie ist eingetreten für Geflüchtete, Ausgegrenzte und von dieser Gesellschaft Vergessene.“ Mit seiner Musik habe er so viel für eine aktive und mobilisierte Kölner Zivilgesellschaft erreicht. Entscheidend habe er zur Erinnerung an mutige Menschen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus beigetragen. Sowie unermüdlich gemahnt gegen die Gefahr von Antisemitismus, Rassismus und den Bestrebungen der politischen Rechten. Herzlich gratulierte sie dem „Frontmann unserer engagierten und couragierten Zivilgesellschaft!“

Werner Jung bei der Laudatio (Foto: HB)

Dr. Werner Jung, der ehemalige Direktor des NS-DOK, erinnerte in seiner Laudatio – aus der wir im Folgenden zitieren – zu Beginn an den Namensgeber des Preises: „Der Karl-Küpper-Preis ist nicht irgendein Preis, einer von so vielen. Das Besondere besteht allein schon darin, dass mit dem Preis ein berühmter Karnevalist geehrt wird – Karl Küpper. Der beste Büttenredner seiner Zeit. Besonders ist jedoch auch, wer ihn gestiftet hat: das Festkomitee Kölner Karneval höchstselbst. Im Preis kann man eine Art Selbstverpflichtung des Kölner Karnevals sehen, – anders als Jahrzehnte lang nach 1945 – sich seiner Geschichte (insbesondere in der NS-Zeit) und seiner heutigen – ohne Zweifel – großen gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen.“

Im weiteren Verlauf der Laudatio formulierte Werner Jung dann gekonnt die Preiswürdigkeit des Kölner Musikers: „Karl Küpper wird als unangepasst, widerborstig, kritisch, gradlinig, standhaft, aufrecht beschrieben. All das kann man auch über Rolly sagen. Karl Küpper und Rolly Brings sind Seelenverwandte.“ Wie es zu dem jahrzehntelang andauernden Engagement des Preisträgers gekommen ist, schilderte Jung an dessen Lebenslauf und verschiedenen Aspekten wie der Liebe zur Heimatstadt Köln, der kölschen Sprache und der Geschichte von unten. „Köln bezeichnete Rolly einmal als die “Unvollendete”. Die Rheinländer wären ohnehin “schwer regierbar” – darauf – so meint er – sollte man eigentlich stolz sein. Wer seine Texte liest, seine Lieder hört, erkennt seine große Gelehrsamkeit und sein breites Interesse an der Geschichte der Stadt.“

Ein weiterer wesentlicher Baustein für „Rolly´s Seelengebäude“ ist die Kölsche Sprache: „Kölsch ist für ihn unverblümt, ungeschminkt, näher dran am Menschen als das Hochdeutsche. So sagt er: “Wenn wir Kölsch sprechen, sind Herz und Kopf mit von der Partie.” Und er besteht auch darauf: “… wer Kölsch spricht, ist deswegen noch lange nicht ungebildet oder dumm”. So ist es ihm wichtig, seinem Publikum das Kölsche näher zu bringen. Für jedes seiner Konzerte, die er häufig mit seinem Sohn Benjamin bestreitet, verteilt er Papiere mit den Texten seiner Lieder, die er vorträgt, auf Kölsch und auf Hochdeutsch.“

Rolly Brings mit seiner Frau Gaby sowie Claudia Wörmann-Adam  mit Fritz Bilz, dem Autor des Buches über Karl Küpper (Foto: HB)

Inhaltlich ist Rolly Brings immer überzeugend und aufklärend. Er hat es selbst einmal so formuliert: „”Ich fühle mich mit Menschen verbunden und will mit ihnen weiterhin Sorge tragen, dass nicht vergessen wird, wohin es einst führte und zukünftig schleichend führen kann, wenn wir nicht wachsam solidarisch sind und Antisemitismus, Rechtsextremismus … Rassismus, ideologischen (aber auch religiösen) Fanatismus nicht bekämpfen.”

Deutlich stellte Werner Jung auch das Werk des Musikers Rolly Brings heraus: „1986 veröffentlichte er die Kassette und das Album “Für ein besseres Morgen. Lieder auf Kölsch”. Darin finden sich politische Lieder über Nelson Mandela und Nicaragua, über ganz normale Menschen wie einen Rom, eine türkische Arbeiterin und einen türkischen Arbeiter und die “Ballad Vum Facharbeider Klein Un Dem Microship”. Es wurden zudem zwei Lieder aufgenommen, die auch heute noch häufig gespielt werden: Edelweißpiraten (1983 geschrieben und von den Bläck Fööss in ihr Repertoire aufgenommen) und das Lied “EL-DE-Huus”, das 1982/83 komponiert wurde und noch heute bei jedem Auftritt von Rolly im EL-DE-Haus gespielt wird.“ Nicht zu vergessen auch die Lieder über Sinti und Roma, oder über das Schicksal der Juden am Beispiel des Liedes „David“ oder der Dichtungen des jiddischsprachigen Dichters Itzik Manger aus dessen Buch „Dunkelgold“.

Bewundernswert seine Zähigkeit und sein Durchhaltevermögen über so viele Jahre hinweg „für Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Als ein Kämpfer gegen Antisemitismus und Antiziganismus, gegen Diskriminierung und Rassismus, für Demokratie und Gleichberechtigung. Dank auch schließlich für seine enge Verbundenheit und „eine Art Patenschaft über das NS-DOK und das EL-DE-Haus.“

Die Co-Vorsitzenden des Verein EL-DE-Haus Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle und der Laudator Werner Jung gratulieren Rolly Brings. Neben ihm Gerhard Küpper.   (Foto: HB)

 

Sichtlich gerührt nahm der zu Recht so außerordentlich Gelobte die Glückwünsche und den Preis entgegen. Nachdem er sich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, dankte er für die Ehrung musikalisch mit vier Liedern, deren Text auf Kölsch und Hochdeutsch allen Anwesenden vorlagen. Für Karl Küpper die Homage „Es et am rääne?“. Für Menschen auf der Flucht und die erste Preisträgerin des Küpper-Preises Carola Rakete das Lied „Wat söke uns Dräum?“. Als überzeugter Europäer ein Lied über Europa und zum Abschluss als Dank an seine Mutter „Leev Mamm“.

Nachfolgend mit Zustimmung von Rolly Brings die 1. Strophen und links zu den Liedern.

 

Es et am rääne?

Du setz bovven op d`r Bütt.
Em Saal weiß jeder, was jetz kütt:
Och die Nazis en d`r eeschte Reih.

 

Wat söke uns Dräum?

För Gertrud Koch, Jean Jülich un Fritz Theilen

Wat söke uns Dräum
wenn se fahre op Scheffe
die usenanderfalle
enjezwängk unger Deck
met möde Jeseechter
un zerresse Hätzer?

 

Europa
Europa ohne Jrenze, Europa ohne Kreech.
Europa ohne Chauvi-Stuss: Dat wor ne lange Wääch.
Minge Pap un minge Opa marscheete zweimol durch Europa
met Hass em Hätz – fies opjehetz,
mem Stahlhelm om Kopp: tödlich beklopp.

 

Leev Mamm

Du häs sechs Enkelkinder,
Elf Urenkelcher och;
Du bes nit verjesse,
Du läävs en unserer Sproch.
Jede Baum om Friedhoff,
Dä ruusch, wat du jesaat,
Wat du meer und mingem Broder
Häs en et Hätz jelaat.

Kulturdezernent und neuer Leiter des NS-DOK beim Vorstand des Fördervereins EL-DE-Haus

Kulturdezernent Charles stellt den NS-Dok-Leiter vor (Foto: Maretzky)

Im Anschluss an die Vorstandssitzung vom 8.November 2022 haben der Kulturdezernent Stefan Charles und der neue Direktor des NS-Dokumentationszentrums, Dr. Henning Borggräfe, den Vorstand des Vereins EL-DE-Haus besucht. Der Kulturdezernent signalisierte eine deutliche Unterstützung der  Museen der Stadt Köln.

Dr. Henning Borggräfe hatte sich bereits am 25. Oktober mit einem Grußwort an die Mitgliederversammlung des Vereins El-DE-Haus gewandt, das wir nachstehend veröffentlichen:

Sehr geehrte Mitglieder des Vereins EL-DE-Haus,

ich danke Ihnen für die Möglichkeit, mich Ihnen auf diesem Weg kurz vorzustellen. Es freut mich sehr, zum 1. November die Position des Direktors des NS-DOK zu übernehmen. Die Leitung und Weiterentwicklung dieses wichtigen und auch dank Ihres langjährigen Engagements heute so großen und renommierten Hauses betrachte ich als eine spannende Herausforderung, der ich mich gemeinsam mit dem Team des NS-DOK sehr gerne stelle.

Kurz ein paar Worte zu meiner Person: In den letzten sieben Jahren habe ich als Abteilungsleiter für Forschung & Bildung bei den Arolsen Archives, einer von den Alliierten als Suchdienst gegründeten Einrichtung mit der weltweit größten Sammlung zu Opfern und Überlebenden der NS-Verbrechen, die Umgestaltung zu einem offenen Erinnerungs- und Informationszentrum mitverantwortet. Dabei habe ich als Leiter eines bis zu 20-köpfigen Teams zahlreiche Forschungs- und Vermittlungsprojekte entwickelt und erfolgreich durchgeführt. Hierzu zählen u.a. die 2019 eröffneten Dauerausstellung »Ein Denkmal aus Papier«, die ich als Projektleiter verantwortet habe, oder zuletzt das internationale Kooperationsprojekt #LastSeen, bei dem ein Online-Bildatlas zu Deportationsfotos entsteht, flankiert von einer Social Media-Kampagne und einer mobilen Ausstellung. Das verbindende Ziel meiner Arbeit war und ist es, historisches Wissen mit innovativen Ansätzen in seiner gegenwärtigen Bedeutung breit sichtbar und zugänglich zu machen.

Dr. Henning Borggräfe (Foto: Maretzky)

Als promovierter Zeithistoriker mit Forschungsschwerpunkten zu Gesellschaft und Verfolgung im Nationalsozialismus, der Nachgeschichte der Verbrechen und der Digital History, verfüge ich über eine langjährige Forschungserfahrung und breite Erfahrungen in der Durchführung von Veranstaltungen wie der Präsentation von Fachwissen, auch in den Medien. Seit 2019 arbeite ich nebenberuflich für das U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. an einem Band der »Encyclopedia of Camps and Ghettos« zur NS-Zwangsarbeit. Darüber hinaus befasse ich mich seit langem mit Fragen musealer Vermittlung und stadtgeschichtlicher Erinnerungskultur. So war ich u.a. vor meiner Tätigkeit in Bad Arolsen an der Neukonzeption der Gedenkstätte im ehemaligen Dortmunder Gestapogefängnis »Steinwache« beteiligt.

Im Profil des NS-DOK kommen die Themen zusammen, mit denen ich mich in Forschung und Vermittlung intensiv beschäftige. Diese Arbeit zukünftig hier – im Kontext der lebendigen Kölner Erinnerungskultur und der größeren Geschichte dieser vielfältigen Metropole – fortsetzen zu können, ist eine sehr reizvolle Aufgabe. Durch die hervorragende Arbeit des NS-DOK in den vergangenen Jahren, seine Größe und Ausstattung sowie den Schatz an Quellen und Wissen bieten sich exzellente Möglichkeiten, einen Erinnerungs- und Lernort fortzuentwickeln, der in der Stadt einen wichtigen Platz einnimmt, aber auch überregional und international Strahlkraft besitzt. Der Fokus auf die Lokalgeschichte steht diesem Anspruch keinesfalls im Weg. Vielmehr bietet gerade er hervorragende Perspektiven, die vielfach unfassbare Geschichte des Nationalsozialismus in ganz konkreten Geschichten greifbar zu machen und damit für heutige Befragungen zu öffnen.

Eine besondere Stärke sehe ich auch darin, dass mit der Info- und Bildungsstelle ein Arbeitsbereich im NS-DOK angesiedelt ist, dessen Tätigkeit unmittelbar auf die Gegenwart zielt. Die Wichtigkeit dieser Arbeit ist mir durch langjähriges Engagement in Initiativen gegen Rassismus und Rechtsextremismus im Ruhrgebiet gut vertraut.
Für die Weiterentwicklung des NS-DOK in den nächsten Jahren erachte ich vier Kontexte als wichtig: erstens der Umbruch im Haus, bedingt durch die räumliche Erweiterung und den Leitungswechsel; zweitens die mit der neuen Historischen Mitte anvisierte verstärkte Kooperation; drittens der Wandel unserer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, geprägt durch die Digitalisierung und das Ende der Zeitzeugenschaft; schließlich viertens wachsende gesellschaftlich-politische Spannungen und die rechte Mobilisierung als Herausforderungen der Demokratie.

Für das NS-DOK wird es vor diesem Hintergrund notwendig sein, Strukturen zu modernisieren und eine neue Strategie zu entwickeln. Hierzu habe ich bereits viele Ideen und freue mich darauf, auch die Vorstellungen und Überlegungen der Mitarbeiter*innen kennenzulernen. Und hierbei möchte ich auch Sie als Verein EL-DE-Haus mit einbeziehen. Eine übergreifende Herausforderung sehe ich darin, das Haus noch mehr mit der städtischen Öffentlichkeit und den vielfältigen Lebenswelten der Kölner*innen zu verbinden und die Bürger*innen stärker an Aktivitäten des NS-DOK zu beteiligen. Für diese Aufgaben bringe ich vielfältige Kontakte mit und bietet die Stadt Köln mit ihrer großen Museumslandschaft, der Universität, der Medienszene und der lebendigen Zivilgesellschaft ein Netz starker Partner.

Insbesondere schätze ich es, mit Ihrem Verein einen Akteur an der Seite des Hauses zu wissen, der sich nicht darauf beschränkt im Hintergrund zu unterstützen, sondern selbst aktiv ist und sich einsetzt, wenn es darauf ankommt.

Herzliche Grüße,
Henning Borggräfe

Der Vorstand mit dem Kulturdezernenten und dem Leiter des NS-DOK  (Foto: Mitarbeiterin Security)

 

Diskussionsveranstaltung mit Beate Klarsfeld

Köln, 17.10.2022

Auf Einladung des EL-DE-Haus Vereins wird Beate Klarsfeld am

Sonntag, 23.10. 2022 um 16:00 Uhr
im
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

mit dem WDR- Moderator Georg Restle diskutieren. Ursprünglich war diese Veranstaltung für das Frühjahr 2020 geplant, musste aber pandemiebedingt abgesagt werden.

Hintergrund der damaligen Einladung war der 40. Jahrestag des Urteils gegen Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn, die am 29. Januar 1980 vom Kölner Landgericht wegen der Deportation von 75.000 Jüdinnen und Juden aus Frankreich in die nationalsozialistischen Vernichtungslager – begonnen hatte der Prozess am 23.Oktober 1979.

Das Gerichtsverfahren erregte großes Aufsehen und konnte nur durch den unermüdlichen – fast zehnjährigen – Kampf des Ehepaars Klarsfeld und der Vereinigung der Söhne und Töchter aus Frankreich deportierter Juden (F.F.D.J.F) stattfinden. Frau Klarsfeld wird begleitet von einer Zeitzeugin des Prozesses: Madame Weisz (ebenfalls Mitglied der F.F.D.J.F.)

Mitveranstalter der Diskussion sind das NS-DOK und die Synagogen-Gemeinde Köln.

Bitte merken Sie sich diesen Termin vor. Für mögliche Gesprächswünsche und Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Co-Vorsitzende des EL-DE-Haus Vereins Claudia Wörmann-Adam.

Für weitere Informationen wenden Sie sich an: claudia.woermann@el-de-haus-koeln.de
Claudia Wörmann-Adam Tel.: 170 – 5415701

Das Medieninfo des Verein EL-DE-Haus und des NS-DOK kann hier geladen werden.
Ein Film und Kurzberichte zu der Veranstaltung findet sich unter der Rubrik Dokumentation. Ebenso die Reden von der Oberbürgermeisterin Reker und Beate Klarsfeld beim Empfang im Historischen Rathaus Köln.

Vorstand Verein EL-DE-Haus zur neuen NS-DOK-Leitung

Medieninfo vom 11.10.2022

Neubesetzung der Leitung des
NS-Dokumentationszentrums

Der Vorstand des Verein EL-DE-Haus begrüßt die Wiederbesetzung der seit einem Jahr vakanten Direktionsstelle im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln mit Herrn Dr. Henning Borggräfe, einem anerkannten Experten für die wissenschaftliche Forschung zum Nationalsozialismus.
Wie wir vom langjährigen Direktor des NS-DOK, Dr. Werner Jung, erfahren haben, hatte er selbst in dem leider nicht zu Ende geführten Auswahlverfahren im Frühsommer 2021, zwei Personen, die sich damals beworben hatten, für das Auswahlgespräch vorgeschlagen, darunter war auch der jetzt nominierte Herr Dr. Borggräfe. Schade, dass man Dr. Jungs Vorschlag nicht schon damals gefolgt ist, das hätte die lange Vakanz unter der das NS-DOK gelitten hat, verhindert.
Wir freuen uns darauf, Herrn Dr. Borggräfe persönlich kennenzulernen und hoffen auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Claudia Wörmann-Adam
Martin Sölle
Co-Vorsitzende

Das Medieninfo kann hier als PDF geladen werden.

Ein Hinweis auf den Artikel im Kölner Stadtanzeiger vom 12. Oktober findet sich unter der Rubrik Medienecho.

Verleihung des Giesberts-Lewin-Preises an den Verein EL-DE-Haus

In einer beeindruckenden Veranstaltung wurde am Donnerstag, dem 15. September der Giesberts-Lewin-Preis der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an den Verein EL-DE Haus verliehen. Als Vertreter der Kreissparkasse Köln begrüßte Herr Tegtmeier als Gastgeber die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer im Käthe Kollwitz Museum. Auch im Namen der Leiterin des Kollwitz Museums, Frau Kosseleck, beglückwünschte er die beiden Vorsitzenden des Vereins EL-DE-Haus, Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle, als Preisträger für das Jahr 2022.

Herr Tegtmeier begrüßt die Anwesenden (Foto: HB)

Zu Beginn seiner Laudatio stellte Professor Jürgen Wilhelm heraus, „dass es keinen besseren Raum als den mit den wunderbaren Arbeiten der sozial und politisch stets engagierten Käthe Kollwitz geben könne, um den Preis zu verleihen.“

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch Rolly Brings, ebenfalls Preisträger des Giesberts-Lewin-Preises, und seinen Sohn Benjamin. Ergreifend und beeindruckend die Lieder, die beide thematisch im Kontext des EL-DE-Hauses zur Einleitung und zum Ende der Veranstaltung spielten.

Zur Erläuterung für die Gäste stellte Professor Wilhelm heraus, wofür der Giesberts-Lewin-Preis steht: „Johannes Giesberts und Shaul Lewin organisierten in den 1950er Jahren – der eine von Köln aus, der andere aus Tel Aviv – einen deutsch-israelischen Schüleraustausch. Es handelte sich um das erste derartige Projekt in der Nachkriegszeit und noch heute, etwa 70 Jahre danach, gibt es regelmäßig gegenseitige Besuche von Schülern aus Köln und Tel Aviv. Wenn wir vom Engagement Giesberts und Lewins sprechen, sprechen wir von einer Zeit, in der der Nationalsozialismus erst 15 Jahre vorüber war. Es gab die alten Nazis noch in fast allen Ämtern und Unternehmen, in Gerichten, Psychiatrien, bei der Polizei, Staatsanwaltschaft, einfach überall. Sie saßen für verschiedene Parteien in Parlamenten und waren natürlich auch auf der Straße anzutreffen. In dieser bedrückenden Zeit übernahmen Giesberts und Lewin die äußerst schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe, in Köln und doch sogleich weit über die Stadt hinaus strahlend eine Zusammenführung der Zivil-Gesellschaften in Deutschland und Israel zu beginnen.“

Professor Wilhelm gratuliert dem Vorstand zum Preis                                        (Foto: HB)

 

Im weiteren Verlauf seiner Rede ging Professor Wilhelm dann auf die Geschichte des Vereins EL-DE-Haus ein und schilderte die langwierigen und oft schwierigen Auseinandersetzungen, die das NS Dokumentationszentrum in Köln zu einem Gedächtnisort und einer Dokumentation über die Nazizeit in Köln machen. Lobend stellte er dabei auch die Arbeit der früheren Direktoren des NS-DOK Professor Horst Matzerath und Dr. Werner Jung heraus. Als großen Verdienst des letzteren würdigte er „die Veränderung der Blickrichtung auf Themen der Gegenwart dar. Das NS-Dokumentationszentrum beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Themen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus“ die inzwischen in den Fokus der Arbeit gerückt worden seien.

Kritisch bemerkte er, dass „gerade beim Thema NS-Erinnerung, Rechtsextre-mismus, Rassismus und Antisemitismus ein Zusammenschluss aktiver Bürger notwendig sei, der kritisch das Handeln von Politik und Verwaltung der Stadt Köln beobachtet und immer dann den Finger in die Wunde legt, wenn die Bedeutung des NS-DOK nicht die ihm gebührende Wertschätzung erfährt.“

Claudia Wörmann-Adam dankt für die Verleihung des Preises (Foto: HB)

Deutlich stellte Professor Wilhelm heraus, dass „der Verein EL-DE-Haus eine ganz wichtige Rolle bei der Neubesetzung der Direktorenstelle und bei der Nachfolge von Werner Jung spielt. Obwohl seit langem klar war, dass Werner Jung im Oktober 2021 in Pension gehen würde, hat es die Stadt Köln versäumt, sich frühzeitig um eine geordnete Übergabe zu kümmern. Ich darf aber nach einem Gespräch am Sonntag mit dem Kulturdezernenten der Stadt ankündigen, dass nun endlich im September, in der übernächsten Woche, eine Entscheidung fallen wird.“

Der Verein EL-DE-Haus hat den Giesberts-Lewin-Preis „für die herausragende Förderung des christlich-jüdischen Dialogs sowie ein entschiedenes Eintreten gegen rassistische und antisemitische Tendenzen und für Toleranz und Völkerverständigung in Gesellschaft, Politik und Kultur“ erhalten.

Der an Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle als Vereinsvorsitzende überreichte Preis gehe an sie als Auszeichnung stellvertretend für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger im Verein. Das Zeichen der Wertschätzung gelte allen Mitgliedern, ohne die es den aktiven Verein EL-DE-Haus nicht gäbe.

Rede zum Dank für die Preisverleihung von Martin Sölle           (Foto: HB)

„Ihnen allen“, so Professor Wilhelm, „gebührt großer, nachdrücklicher Dank und eine hohe Anerkennung!“

Die Rede von Professor Wilhelm zur Verleihung des Preises durch die Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit kann als PDF Laudatio_Wilhelm_final_CJG Giesberts Lewin Preis September 2022 heruntergeladen werden.

Die Dankesrede von den Vorsitzenden des Vereins EL-DE-Haus, Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle kann hier als PDF geladen werden: Reden zur Preisverleihung Sölle und Wörmann-Adam. 

Rolly und Benjamin Brings gestalten den musikalischen Beitrag des Abends mit einfühlsamen Liedern (Foto: HB)

„Dieser Schmerz betrifft uns alle“

Rede von Claudia Wörmann-Adam zur Wiedererrichtung des Denkmals zum Gedenken an den Genozid am armenischen Volk

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

Wir stehen hier an der Stelle, an der mit einem Denkmal an den Genozid am armenischen Volk erinnert werden soll. Es soll erinnern an das Menschheitsverbrechen von 1915-1916, das die Armenier „Aghet“: die Katastrophe, nennen. Es war der zweite systematische Völkermord des 20. Jahrhundert nach dem Genozid in Afrika an den Herero und Nama begangen durch die damalige Kolonialmacht Deutschland in den Jahren 1904-1908. Das Denkmal für die Armenier hat einen Namen: „Dieser Schmerz betrifft uns alle.“

Blumen an der Stelle wo das Denkmal stehen soll     (Foto:HB)

Bei den Massakern und Todesmärschen in der Türkei kamen bis zu 1,5 Millionen Menschen ums Leben. Bei Pogromen in den Jahrzehnten zuvor schätzt man, dass bis zu 300.000 Menschen zu Tode kamen.

Die offizielle türkische Geschichtsschreibung leugnet bis heute diesen Völkermord. Der armenischen Bevölkerung wurde im Zusammenhang mit verlorenen Schlachten der türkischen Armee pauschal „Sabotage“ unterstellt.

Sie wurde – ähnlich wie die jüdische Bevölkerung in vielen Staaten Europas und ganz speziell Deutschland – zum Sündenbock gemacht. Es entstand – wie in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg – eine Art „Dolchstoßlegende“ die den Armeniern die Schuld an den militärischen Niederlagen des türkischen Heers gegen Russland zuwies.

Die Entente-Mächte Russland, England und Frankreich protestierten gegen die Verfolgung der armenischen Bevölkerung und bezeichneten die Massaker als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Als Reaktion darauf erließ die türkische Regierung ein Deportationsgesetz.

Die armenische Bevölkerung, die noch nicht massakriert worden war, vor allem Frauen, Kinder und Alte, wurden ohne Nahrung und ohne Wasser auf Todesmärschen in die Wüste Richtung Aleppo deportiert. Vorher wurden sie enteignet, ihr Eigentum geplündert. Ein spezielles Gesetz verbot es sogar, Armeniern Nahrungsmittel zu geben. Das Ziel war, „alle nicht-türkischen Ethnien aus Kleinasien zu eliminieren,“ (das) „ausschließlich für die türkische Bevölkerung dienen sollte“. Diese Todesmärsche beschrieb der österreichische Autor jüdischer Herkunft, Franz Werfel, in seinem monumentalen Epos »Die vierzig Tage des Musa Dagh« als „wandernde Konzentrationslager“.

Ein deutscher Verbindungsoffizier, Eberhard Graf Wolfskeel von Reichenberg, befehligte die Niederschlagung von drei Aufständen der armenischen Bevölkerung gegen das Unrecht, das man ihnen durch die türkische Regierung antat. An der Logistik der Deportationen war das deutsche Militär beteiligt. Mit der von den Deutschen gebauten und kontrollierten Eisenbahnlinie wurden die Menschen in Viehwagen in die Wüste deportiert.

Am 7. Juli 1915 schickte der damalige deutsche Botschafter in Konstantinopel, Hans Freiherr von Wangenheim, einen Bericht nach Berlin. Aus diesem Bericht ging klar hervor: die deutschen Diplomaten und Militärs im osmanischen Reich wussten, dass an der armenischen Minderheit ein Völkermord stattfindet. „Die Umstände und die Art, wie die Umsiedlung durchgeführt wird“, schrieb Wangenheim an Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg, zeigten, „dass die türkische Regierung tatsächlich den Zweck verfolge, die armenische Rasse im türkischen Reich zu vernichten“.

Doch Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg wollte davon nichts wissen. Kategorisch entschied er: „unser einziges Ziel ist es, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Krieg werden wir die Türken noch sehr brauchen.“

Über diesen Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg heißt es im Wikipedia- Eintrag, dass er „liberale Auffassungen“ vertrat und „der fortschrittlichen Volkspartei nahestand, seine ethische Werthaltung und seine fortschrittliche Grundhaltung galten vielen als Leitlinie der deutschen Politik“.

Ein sonderbares Verständnis von Fortschritt und ethischer Wertehaltung.

Innertürkische Kritiker*innen der offiziellen türkischen Geschichtsschreibung mussten und müssen bis heute mit Verfolgung rechnen. Wer über das Massaker an der armenischen Bevölkerung berichtet, und es als das bezeichnet, was es war, einen Völkermord, begangen durch den türkischen Staat, begeht einen Gesetzesverstoß, der als „Beleidigung der türkischen Nation“ bezeichnet und verfolgt wird. Zu den Betroffenen dieses Gesetzes gehörten und gehören häufig Journalisten wie Hrant Dink, der auf offener Straße von türkischen Nationalisten erschossen wurde, oder Schriftsteller wie Orhan Pamuk und unser im letzten Jahr verstorbener Freund Doğan Akhanli.

Der Völkermord an den Armeniern wurde, wie der Historiker Wolfgang Benz es formulierte „planmäßig und kaltblütig in Szene gesetzt, als Ergebnis systematischer Planung“.

Erst 2015 – 100 Jahre später – bezeichnete der damalige Bundespräsident Joachim Gauck das Massaker als Völkermord; ein Jahr später anerkannte dies auch der Deutsche Bundestag. Er bedauerte die „unrühmliche Rolle des Deutschen Reichs, dass trotz eindeutiger Informationen nicht versucht hat, diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen“.

Völkermord unter Kaiser Wilhelm II. ( Foto: HB)

In all den vielen Jahren seit 1916 hat die Politik in Deutschland hierzu geschwiegen und die deutsche Verantwortung an diesem Menschheitsverbrechen nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

Diese Haltung des Negierens und Ignorierens hat dazu geführt, dass Adolf Hitler in seiner 2. Rede vor den Oberkommandierenden der Deutschen Wehrmacht am 22. August 1939 – also vor nunmehr genau 83 Jahren – auf dem Obersalzberg in Vorbereitung auf den Holocaust die von ihm rhetorisch gemeinte Frage stellte: „Wer redet denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?“

Es gibt viele Parallelen zwischen der Verfolgung und Vernichtung der armenischen und der jüdischen Bevölkerung. Beide Gruppen haben schon vielfach die Erfahrung von Pogromen machen müssen. Und es kommt nicht von ungefähr, dass jüdische Autoren wie Franz Werfel, Ossip Mandelstam, Edgar Hilsenrath und der jüdische Autor, Journalist und Filmemacher, unser langjähriges Vereinsmitglied, Ralph Giordano, sich mit dem Genozid am armenischen Volk befasst haben.
Franz Werfel schrieb »Die 40 Tage des Musa Dagh« um, wie er es nannte, „das unfassbare Schicksal des armenischen Volkes dem Totenreich alles Geschehenen zu entreißen.“

Auch dem russischen Dichter Ossip Mandelbaum entgingen nicht die Gemeinsamkeiten zwischen dem Schicksal der Juden und dem der Armenier: Unterdrückung, Verfolgung, Pogrome. Er schrieb einen Reisebericht und einen Gedichtzyklus über Armenien und seine Bevölkerung. Er starb, von Stalin brutal verfolgt, elendig in einem russischen Arbeitslager.

Edgar Hilsenrath schrieb »Das Märchen vom letzten Gedanken« über den Völkermord an den Armeniern. Er und seine Familie – selbst Opfer der Judenverfolgung der Nazis – recherchierte – wie Franz Werfel vor ihm – jahrelang zu diesem Genozid und, als er dann das Buch schrieb, so erzählte er später, „fühlte ich mich wie ein Armenier“.

Ralph Giordano, auch er Überlebender des Holocausts wie Hilsenrath, wurde Chronist der Völkermorde an den Juden, an den Sinti und Roma und mit seinem 1986 produziertem Film „die armenische Frage existiert nicht mehr“ ebenfalls zum Chronisten des Genozids an den Armeniern. Er sagte in diesem Zusammenhang „die armenische Sache aber war längst zu meiner geworden“. Sein Film wurde ein großer Stein des Anstoßes für nationalistische Türken. Giordano erhielt zahlreiche Morddrohungen nach der Ausstrahlung im WDR. Der Film verschwand lange Zeit in der Versenkung aber man kann ihn jetzt wieder sehen auf »YouTube«!

Auch türkische Autoren setzen sich mit der Geschichte dieses Genozids auseinander. Der große türkische Poet Nazim Hikmet formulierte in seinem Gedicht »Die Abendwanderung« über dieses Verbrechen „dieses Schandmal auf der Stirn des türkischen Volkes“.

Orhan Pamuk, der 1. türkische Literaturnobelpreisträger, stellte öffentlich fest, dass in der Türkei 30.000 Kurden und eine Million Armenier ermordet worden seien. Damit habe Pamuk, so stellten Richter eines Berufungsgerichtes fest, „die Persönlichkeitsrechte türkischer Staatsbürger verletzt“.

Dogan Akhanli hat sich u.a. in seinem Buch »Die Richter des Jüngsten Gerichts« mit dem Völkermord an den Armeniern auseinandergesetzt, sicherlich hat auch das den Hass der türkischen Nationalisten und Politiker gegen ihn weiter angestachelt.

Nun stehen wir heute hier und fordern von der Stadt Köln und den politisch verantwortlichen Vertreterinnen und Vertretern der demokratischen Parteien im Kölner Stadtrat, dass das Denkmal zur Erinnerung an den Genozid an den Armeniern wieder installiert wird und zwar genau hier zwischen dem grandiosen Denkmal von Dani Karavan „Ma‘alot“ und in Sichtachse zum Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm II., dem obersten Repräsentanten des »Deutschen Reichs« in den Zeiten der beiden Genozide an den Herero und Nama und an den Armeniern.

“Holt den Kaiser vom Sockel” (Foto: HB)

Es gibt nicht wenige Persönlichkeiten und Initiativen die fordern, dass solche Denkmäler wie das von Wilhelm II. aus dem öffentlichen Raum verschwinden sollen. Ich finde diese Diskussionen richtig und wichtig, habe allerdings bisher persönlich noch keine endgültig abgeschlossene Meinung dazu. Ich könnte mir auch vorstellen, Wilhelm II. von seinem Sockel zu holen oder besser gesagt ihn von seinem hohen Ross zu holen, nicht nur symbolisch, sondern ihn tatsächlich zu entthronen und neben ihm eine Tafel mit kritischen historischen Erläuterungen seiner Verantwortung für vielerlei Verbrechen zu installieren.

Wir als Verein EL-DE-Haus – Förderverein des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln – haben von Anbeginn an das Anliegen der Initiative „Völkermord erinnern“ unterstützt. Es ist Teil unseres Selbstverständnisses als Verein sich einzusetzen für die Ächtung von Rassismus, von Antisemitismus und von Nationalismus und für die bleibende Erinnerung an den Holocaust, an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma, an die Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen, an die Verfolgung und Ermordung kranker Menschen und anderer vom Nazi-Unrecht betroffener Menschen.

Claudia Wörman-Adam fordert, das Denkmal wieder zu errichten (Foto: HB)

Genau deshalb fordern wir als EL-DE-Haus Verein von der Stadt Köln und den politisch Verantwortlichen in dieser Stadt, dass das Denkmal zur Erinnerung an den Genozid der Armenier hier wieder errichtet werden soll!

Die Geschichte des Gedenkens und Erinnerns in Köln und anderswo in Deutschland und Europa war immer die des Engagements politisch bewusster Bürgerinnen und Bürger; nur dadurch gibt es in Köln das NS-Dokumentationszentrum, die Stolpersteine, das Denkmal für die Deserteure und einiges mehr. Dafür braucht es langen Atem und manches Mal auch zivilen Ungehorsam: aber aus eigener Anschauung kann ich sagen: es lohnt sich für die gerechte Sache zu kämpfen.

 

Die Rede kann bei dem nachfolgenden link gestreamt werden:

https://www.facebook.com/ciler.firtina.5/videos/5608325135885969/?d=n

Weitere Informationen zum Armenier Genozid-Mahnmal.

 

“Avantgardist der Nachkriegszeit” – Klaus Balke ist tot

Klaus Balke bei der Enthüllung seines Mahnmals (Foto: FS)

Der Kölner Maler und Bildhauer Klaus Balke ist am
21. Juni 2022 verstorben. Seit den 1980er Jahren gehörte er zu den Unterstützer/innen des NS-Dokumentations-zentrums. Ihm war es wichtig, das Gedenken an die Schrecken der NS-Zeit wachzuhalten, und an kommende Generationen weiterzugeben. Balke hatte selber als junger Mann beim Volkssturm die Gräuel des Krieges miterlebt. Jungen Menschen erzählte er oft von seinen Kriegserlebnissen. Zeitlebens setzte er sich für Frieden und Gerechtigkeit ein. Besonders wichtig war ihm dabei die Versöhnung mit den Völkern Osteuropas. Er gehörte 1983 zu den Mitbegründer/innen der Friedensinitiative Köln-Poll.

Zuletzt trat Balke am 17. Januar 2022 in der Öffentlichkeit auf, als das von ihm neugestaltete Mahnmal im Gremberger Wäldchen enthüllt wurde. Das Gedenken an die ermordeten Opfer des Zwangsarbeiterlagers nahe seines Wohnorts Köln-Poll lag ihm besonders am Herzen. Bereits 1985 hatte er deswegen, zusammen mit der Friedensinitiative Köln-Poll, die Bronzeplastik „Trauernde Eltern“ für die Gedenkstätte gestiftet. Er übergab der sowjetischen Botschaft eine zweite Ausfertigung der Statue, die später in der russischen Stadt Woronesch aufgestellt wurde.

Klaus Balke und Frank Schwalm im Gremberger Wäldchen (Foto: FS)

Bekannt ist Balke für seine Arbeiten für viele Kirchen, wie z.B. Tabernakel, liturgische Geräte oder Kirchenfenster. Nach dem Krieg war er an der Neugestaltung des Gürzenichs beteiligt. Auf dem Kölner Rathausturm ist seine Statue des Jacques Offenbach zu sehen. Kunsthistoriker/innen bezeichnen ihn als „Avantgardisten der Nachkriegszeit“. Auf vielen Friedensdemonstrationen waren zudem seine großen tragbaren Kunstwerke aus Pappmaché zu sehen, die er neben seiner eigentlichen Arbeit als Maler und Bildhauer baute.

Klaus Balke war mit der Künstlerin Roswit Balke verheiratet, mit der er 6 Kinder hatte. Wer ihn kannte, erlebte ihn als sehr ruhigen, bescheidenen und geduldigen Menschen, der immer ein offenes Ohr für Andere hatte. Bis zuletzt war er voller Schaffenskraft. Sein Atelier war voll von Entwürfen und Ideen für neue Kunstwerke, die er nun nicht mehr vollenden konnte. Klaus Balke wurde 93 Jahre alt.

Frank Schwalm

Giesberts-Lewin-Preis geht an den Verein EL-DE-Haus

PRESSEMITTEILUNG

Der diesjährige Giesberts-Lewin-Preis wird an den Verein EL-DE-Haus verliehen. Der Vorsitzende der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Prof. Jürgen Wilhelm, begründet die Wahl wie folgt: Der Verein EL-DE-Haus hat sich über viele Jahrzehnte hinweg große Verdienste für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus erworben und sich maßgeblich für eine fortschrittliche Erinnerungskultur eingesetzt. Darüber hinaus engagiert er sich in herausragender Weise gegen jedwede Form von Antisemitismus und Rassismus.

Die Kölnische Gesellschaft vergibt den Preis seit 2006 und stiftet ihn an Persönlichkeiten und Institutionen, die sich einerseits durch besonderen Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus und sich andererseits für Verständigung und Toleranz in einer solidarischen Gesellschaft ausgezeichnet haben.

Die Namensgeber des Preises sind Johannes Giesberts (1909-1981, Schuldezernent der Stadt Köln) und Dr. Shaul Lewin (1905-1986, Tel Aviv), die den ersten deutsch-israelischen Schüler-Austausch der Nachkriegszeit auf den Weg brachten, der bis heute Kontakte zwischen jungen Deutschen und Israelis knüpft.

Hinweis an die Redaktionen:

Die Feier zur Verleihung des Giesberts-Lewin-Preises findet statt am:

Donnerstag, 15. September 2022, 19.30 Uhr, im Käthe Kollwitz Museum, Neumarktpassage.

Bitte notieren Sie den Termin – eine gesonderte Einladung erfolgt im August.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Marcus Meier (Geschäftsführer)

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Für die Teilnahme an der Veranstaltung sind noch einige Plätze frei.
E-Mail: kontakt@koelnische-gesellschaft.de

 

Bilz-Preis 2022 geht an die Integrationsagentur des Begegnungszentrums Porz der Synagogengemeinde Köln

Die 1998 in Köln gegründete Bilz-Stiftung zeichnet jährlich eine gemeinnützige Initiative aus, die sich entweder der Völkerverständigung widmet, sich für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte einsetzt oder sich gegen die Diskriminierung von Minderheiten wehrt.
Seit Gründung sind somit weit über 170.000 Euro an Fördergeldern vergeben worden.

Der Vorstand der Bilz-Stiftung hat beschlossen, im Jahre 2022 den Bilz-Preis in Höhe von 5.000 Euro an die Integrationsagentur des Begegnungszentrums Porz der Synagogengemeinde Köln zu verleihen.

Die Bilz-Stiftung möchte damit die vielfältigen Aktivitäten dieser Organisation unterstützen. Das ist die Antidiskriminierungsarbeit als Präventionsmaßnahme gegen Antisemitismus. Darunter fällt weiterhin die sozialraumorientierte Arbeit, um die Migranten an die Angebote der sozialen Infrastruktur heranzuführen. Ein weiteres Arbeitsgebiet ist die interkulturelle Öffnung durch Vermittlung von Informationen und Werten an Migranten.

In letzter Zeit ist die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine hinzugekommen. Die Integrations-agentur bietet diesen Menschen soziale Beratung an und unterstützt sie bei Anträgen mit öffentlichen Ämtern. Dazu gehören u. a. Übersetzungshilfen und Einsteigerkurse in deutscher Sprache.

Die Integrationsagentur leistet damit einen herausragenden Beitrag im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und für Völkerverständigung.

Der Preis soll Unterstützung für die zukünftige Arbeit sein.

Köln, den 18.07.2022

Die Pressemitteilung kann hier geladen werden.

Hier geht es zur Hompage der Bilz-Stiftung.

Stellenausschreibung mit neuen Irritationen

Seit dem 30. Mai ist jetzt endlich die Stellenausschreibung für die Leitung des NS-DOK und die Nachfolge von Dr. Werner Jung veröffentlicht. Kann man zufrieden sein? Teils teils.
Es ist Wort gehalten worden, bezogen auf die Zusage des Kulturdezernenten Herrn Charles, dass mit der Ausschreibung in der 22. Woche zu rechnen sei.

Jedoch finden sich Formulierungen im Ausschreibungstext, die uns irritieren, die in allen Gesprächen, die die Vorsitzenden des EL-DE-Haus Verein sowohl mit dem Kulturdezernenten, als auch mit Mitgliedern des Kulturausschusses des Kölner „Regierungsbündnisses“ geführt haben, widersprechen bzw. verschwiegen wurden. Es war Einigkeit hergestellt worden, dass die Direktion fachwissenschaftlich mit einer Historikerin bzw. einem Historiker besetzt werden soll. Nun wird dieses entscheidende Kriterium aufgeweicht durch den Zusatz “zum Beispiel der Fachrichtung Public History oder Didaktik der Geschichte”. Dies ist jedoch nicht die geforderte Fachwissenschaft von Forschung und Dokumentation, sondern deren Anwendung und Vermittlung, die im NS-DOK ohnehin stark vertreten ist.

Der zweite Punkt, der irritiert, ist, dass es sich bei der Stelle nicht mehr – wie bei der vorgehenden Ausschreibung – um eine unbefristete Stelle handelt, sondern sie auf fünf Jahre befristet ist, mit der „Option einer Verlängerung darüber hinaus“. Diese Einschränkung ist auch nicht in den Gesprächen mit den Beschäftigten des NS-DOK erwähnt worden und führt dort ebenfalls zu einiger Verunsicherung. Diese Befristung mag bei den Kölner Museen in der Regel üblich sein. Doch für den Bereich einer Gedenkstätte hätte es hier eine Ausnahme geben müssen, wie sie bereits in der Vergangenheit bei einem anderen städtischen Museum angewandt wurde. In den zahlreichen NS-Gedenkstätten in Deutschland ist – unserer Kenntnis nach – die Praxis so, dass die Direktionsstellen unbefristet sind. Die Frage ist, wer von potentiell infrage kommenden Bewerber*innen, die eine unbefristete Stelle z. B. in einer Gedenkstätte haben, lässt sich auf eine solche Befristung ein.

Ansonsten sind zahlreiche Punkte und Formulierungen aus der vorhergehenden Ausschreibung übernommen worden. Wobei sich fragen lässt, warum es überhaupt einer weiteren Ausschreibung bedurfte. Vielleicht ist es jedoch so, dass bei der Stadtverwaltung, die mit der neuen Ausschreibung bereits das dritte Verfahren zur Besetzung der Stelle durchführt, das Prinzip gilt: “Alle guten Dinge sind drei.”

Etwas merkwürdig ist es, dass als “Leitgedanke des Hauses eine diversitäts-orientierte Öffnung nach innen und außen” bezeichnet wird. Mal abgesehen davon, dass gerade die Arbeit des NS-Dokumentationszentrums in den letzten Jahren von diesem Prinzip ohnehin stark geprägt war, ist ein solcher “Leitgedanke” doch so allgemein formuliert, dass er mehr ein Leitziel für die gesamte Stadtverwaltung sein kann. Mehr als ärgerlich ist, dass in der Ausschreibung zwar von „Demokratieförderung“ die Rede ist, aber das im Aufbau begriffene neue „Haus für Erinnern und Demokratie“, das von unserem Verein mit einer großen Spendenkampagne gefördert wurde, mit keinem Wort erwähnt wird. Hier ist ein für die Zukunft erarbeitetes Projekt absolut vernachlässigt.

Dieses neue Haus, dass vor allem (aber nicht nur) jungen Menschen mit modernen Angeboten zur Demokratieförderung und neuen Formen der Bildungsarbeit, mit Erzählcafés und dem „Jungen Museum“ ganz neue Zugangsformen zur Geschichte und Gegenwart anbietet, ist von den politisch Verantwortlichen anscheinend nicht erkannt, und damit für sie wohl auch nicht von Bedeutung, sodass man es erwähnen müsste

Nach unserer Meinung ist der Leitgedanke für eine Gedenkstätte wie das NS-DOK: Erinnern und Demokratieförderung miteinander zu verbinden – mithin also, das “Haus für Erinnern und Demokratie” entstehen zu lassen und mit Leben zu füllen.

Vorläufiges Fazit: Unseres Erachtens muss mindestens nachgebessert werden bei der zitierten Option der Verlängerung, dass es sich dabei um eine zu realisierende unbefristete Verlängerung handelt. Und zudem muss sichergestellt werden, dass die fachwissenschaftliche Leitung des NS-DOK von einer Historikerin bzw. einem Historiker übernommen wird.

Claudia Wörmann-Adam
Co-Vorsitzende