Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Gedenken an den 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald

Auf Einladung der Gedenkstätte Buchenwald konnte der Verein EL-DE-Haus mit zwei Vertreterinnen am 5. und 6. April nach Weimar reisen.

Am Nachmittag des 5. April hatten wir Gelegenheit zu einem Gespräch mit der Vorsitzenden des »Fördervereins Gedenkstätte Buchenwald e.V.«, Sabrina Winzer. Der Verein arbeitet daran, ein Netzwerk zu bilden von Initiativen, die sich mit den zahlreichen Außenlagern des KZ Buchenwald beschäftigen. Auch in Köln gab es ja in der Messe ein Außenlager sowie bei der Firma Westwaggon, so dass die Zusammenarbeit zu diesem Thema vertieft werden soll.

Der 6. April stand ganz im Zeichen der Gedenkveranstaltungen. Bei der Veranstaltung am Vormittag in der Weimarhalle, an der mehrere KZ-Überlebende und Nachkommen von Überlebenden aus Israel, Polen, Frankreich, Rumänien und Belarus teilnahmen, forderte der Direktor der »Stiftung KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora«, Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, die Erinnerung an das Grauen der Konzentrationslager weiter wach zu halten. Die Gesellschaft müsse sich allen Formen der Holocaust-Verleugnung, des Antisemitismus und rassistischer Hetze entgegenstellen. Altbundespräsident Christian Wulff warnte in seiner Rede vor der völkischen und ausgrenzenden Rhetorik der AfD, die geeignet sei, den Boden für eine neue Barbarei zu bereiten. Wulf wörtlich: „Aufgrund der Verrohung und der Radikalisierung und eines weltweiten Rechtsrucks kann ich mir inzwischen – und das macht mich beklommen – deutlicher vorstellen, wie das damals geschehen konnte.“

Wichtiger Teil der Veranstaltung waren Gedichte, Texte und Kompositionen, die von Häftlingen im KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora verfasst wurden. Den Abschluss bildete die Suite Nr. 1, Ases Tod aus Peer Gynt von Edward Grieg. Diese Musik hatten die Häftlinge für ihr erstes Gedenken auf dem Appellplatz am 19. April 1945 ausgesucht.

Der MDR hat den Gedenkakt gestreamt, so dass die Reden und das kulturelle Begleitprogramm angeschaut werden können. (https://www.mdr.de/video/mdr-plus-videos/video-913898.html)


Anschließend an den Gedenkakt ging es zur KZ-Gedenkstätte auf den Ettersberg. Wir nahmen dort an einem Rundgang teil, der zu 5 Stelen der Ausstellung „Buchenwald 1945. Szenen aus dem befreiten Lager“ führte. (Die Ausstellung, die sich auf dem Außengelände der Gedenkstätte befindet, umfasst insgesamt 12 Stationen, sie ist auf der Webseite der Gedenkstätte unter buchenwald.de dokumentiert.) An jeder der 5 Stationen sprachen zunächst Jugendliche, die ein Freiwilligen-Jahr in der Gedenkstätte machen, inhaltlich zum Ort. Danach stellte sich eine der fünf eingeladenen Initiativen vor.

Claudia Wörmann-Adam, Co-Vorsitzende des EL-DE-Haus Vereins, sprach an der 2. Station vor dem ehemaligen Kommandanturgebäude.

Hier war nach der Befreiung das aus Überlebenden bestehende Internationale Lagerkomitee (ILK) untergebracht, das dann nach dem 11. April ’45 in Zusammenarbeit mit der US Army das Lager verwaltete. Sie kümmerten sich um die Versorgung der Kranken, die Verpflegung der 21.000 Befreiten und die Vorbereitung ihrer Repatriierung. Die französische Verbindungsoffizierin Sonia Vagliano, die über die Zusammenarbeit des amerikanischen Lagerkommandanten Captain Peter Ball mit dem Internationalen Lagerkomitee berichtete, schrieb dazu:
„Die interne Verwaltung von Buchenwald erweist sich einfacher als erwartet, da wir in der Lage sind, die bisherige Regelung für den Betrieb des Lagers beizubehalten. Captain Ball ruft die siebenundzwanzig kommunistischen Vertreter verschiedener Nationalitäten aus Block 40 zusammen und teilt ihnen mit, dass sie ihre Arbeit wie bisher fortsetzen sollen, jetzt aber natürlich unter der Aufsicht der Amerikaner. Dies wird so lange fortgesetzt, wie es keine politische Agitation oder Diskriminierung gibt. Die Verteilung von Lebensmitteln, die Unterbringung, die sanitären Einrichtungen, die Buchführung und die Überwachung fallen allesamt in ihren Zuständigkeitsbereich. Die Übernahme eines Lagers, das bereits effizient organisiert ist, erspart uns viele Kopfschmerzen.“

Die Rede von Claudia ist hier dokumentiert.

An der 1. Station hatte sich der Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus e.V. vorgestellt, an der 3. Station wurde die Webseite „Geschichte statt Mythen“, der Universität Jena vorgestellt, die in enger Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald entstanden ist. Ihr Ziel: „Geschichtsrevisonismus in Thüringen und darüber hinaus aufzudecken, Mythen zu entlarven und kritische Debatten anzustoßen, Fakten von Fiktion zu trennen“. Auf ihrem Blog nehmen sie Stellung zu tagesaktuellen TV-Auftritten, Wahlkampfreden oder Social-Media-Posts von rechten Akteuren.

An der 4. Station sprachen zwei Vertreterinnen der Initiative KZ-Außenlager Halle. Von diesem Lager, dessen Häftlinge Zwangsarbeit in den Siebel-Flugzeugwerken leisten mussten, gibt es heute keine sichtbaren Spuren mehr. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, die NS-Zwangsarbeit zu erforschen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie haben einen ersten Audiowalk entwickelt, der in Zukunft weiter ausgebaut werden soll. (audiowalk-kz-halle.de).


An der 5. Station berichteten die Jugendlichen über die Schwierigkeiten bei der Auflösung des Lagers. Die Überlebenden, die hierzu körperlich in der Lage waren, wollten schnellstmöglich in ihre Heimat zurückkehren. Oft begleitet von Hilfsorganisationen aus ihren Heimatländern, reisten die meisten Westeuropäer in der zweiten Aprilhälfte ab. Für die anderen begann die Repatriierung erst nach Kriegsende am 8. Mai 1945. Die letzten Überlebenden, hauptsächlich aus Polen und dem damaligen Jugoslawien, verließen Buchenwald im August 1945. Die Abreise bedeutete jedoch nicht für alle die Rückkehr in ihre Heimat. Vor allem jüdische Überlebende verbrachten oft Jahre in Auffanglagern und mit der Suche nach noch lebenden Angehörigen und einem neuen Zuhause.

Hier stellte sich das Fanprojekt Bochum vor, das sich zur Aufgabe gemacht hat, die Fußballfans für Themen zu interessieren, die nicht unmittelbar mit ihrem Sport zusammenhängen. Regelmäßig fahren sie deshalb auch mit Jugendlichen in die Gedenkstätte Buchenwald, um sich mit der NS-Geschichte auseinanderzusetzen.

Nach dem Rundgang fand auf dem ehemaligen Appellplatz die Kranzniederlegung statt. Viele Menschen hatten sich an diesem 80. Jahrestag der Befreiung auf dem Ettersberg versammelt, hatten selbst Blumen mitgebracht.

Naftali Fürst, Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald Dora und seiner Kommandos, bei seiner Befreiung gerade einmal 12 Jahre alt, sagte, jetzt, wo die letzten Zeitzeugen nicht mehr lange da sein werden, sei es Zeit, den Stab der Erinnerung an die Jungen weiter zu reichen. Die Hauptrede hielt Marina Weisband. Ihre beeindruckende Rede, die mit den Worten schloss: „Ich bitte Sie von Herzen – für alle, die hier starben, und überlebten, und die nachgeboren sind – lassen Sie es nicht dazu kommen, dass es morgen wieder ums Überleben geht.“ ist auf buchenwald.de nachzulesen.

Ulrike Bach
Vorstandsmitglied EL-DE-Haus Verein