Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Trauer um Brigitte Bilz – Wechsel im Stiftungs-Vorsitz – Preisverleihung an Coach e.V.

Nur wenige Tage nach der Verleihung des Bilz-Preises an Coach e.V. verstarb Brigitte Bilz am 30. Dezember 2023.

Fritz und Brigitte Bilz gründeten die Bilz-Stiftung im Jahre 1998. Mit der Stiftung wollten sie ihre gemeinsamen Ziele wie den Einsatz für Völkerverständigung, die Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus, den Einsatz für aus politischen, religiösen und rassistischen Gründen verfolgte Menschen noch stärker verfolgen und finanziell unterstützen. Brigitte Bilz‘ Eintreten gegen das Vergessen der NS-Verbrechen, gegen Antisemitismus, Faschismus und Militarismus zeigte sich in ihrem Engagement in der von ihr mitgegründeten Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Brück“. Unermüdlich und entschlossen arbeitete sie für eine friedliche, gleichberechtigte Gesellschaft. Als stellvertretende Vorsitzende der Bilz-Stiftung war sie engagiert und gab viele Anstöße.

Brigitte und Fritz Bilz (Foto: Fadi Elias – In-Haus Media 2023 )

Bereits im Jahr 2023 hatte das Ehepaar Bilz beschlossen, den Vorsitz der Stiftung abzugeben, weil die gesundheitlichen Probleme immer weiter zunahmen. Bei der Vorstandssitzung am 24. Mai 2023 wurde beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2024 Çiler Fırtına den Vorsitz und Hans-Peter Killguss den stellvertretenden Vorsitz der Stiftung übernehmen.

Bei der Preisverleihung am 21. Dezember 2023 an Coach e.V. äußerte Brigitte Bilz ihre Freude und Erleichterung über die schöne Preisverleihung und über die gut geregelte Nachfolge in der Führung der Stiftung.

Claudia Wörmann-Adam, Co-Vorsitzende  des Vereins,  würdigte die Arbeit der Beiden in der nachfolgenden Rede:

Liebe Brigitte, lieber Fritz,
liebe Anwesende,

möglicherweise bin ich in diesem Raum diejenige, die Brigitte und Fritz am längsten kennt und das ist der Grund, weshalb ich gebeten wurde, eine kleine Rede zu halten, was ich sehr gerne zugesagt habe.

Ich bin 1976 nach Köln gezogen. Fritz und ich lernten uns im gleichen Jahr während eines Juso-Unterbezirksparteitags kennen und kurze Zeit später lernte ich auch Brigitte kennen.
Fritz war der Kindergartenfreund meines verstorbenen Mannes, Volker Adam. Beide wuchsen in Köln Brück auf.

Fritz engagierte sich genauso wie wir im linken Spektrum der Jusos. Es war eine spannende politische Zeit und einigen Anliegen, für oder gegen die wir damals gemeinsam gestritten und gekämpft haben, sind wir bis heute treu geblieben: Zugehörigkeit zur Gewerkschaft, Kampf für Frieden und Abrüstung, für Internationalismus und Antifaschismus, gegen Rassismus und Antisemitismus, für eine humane Asylpolitik.

Claudia Wörmann-Adam würdigt die Arbeit von Brigitte und Fritz Bilz (Foto: Fadi Elias – In-Haus Media 2023 )

Wir setzten uns ein für lateinamerikanische Flüchtlinge, veranstalteten mit den Jusos antifaschistische Filmwochen, arbeiteten – entgegen der Beschlusslage der SPD – mit dem Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit und der VVN-BdA zusammen, solidarisierten uns mit Berufsverbotsopfern und engagierten uns für die Einrichtung des Kölner NS- Dokumentationszentrums.

Dass wir uns schon in den 70er Jahren für einen Gedenkort und ein Dokumentationszentrum im EL-DE-Haus einsetzten, war ganz maßgeblich Sammy Maedge zu verdanken mit dem wir vier befreundet waren. Am 20.1.1988 gründeten wir den Verein EL-DE-Haus, dem Gründungsvorstand gehörte mein verstorbener Mann, Volker Adam, als Schriftführer an.
Als er 4 Jahre später aufhörte, übernahmst Du lieber Fritz diese Funktion im Vorstand.

Als wir uns kennenlernten Fritz, übtest Du – glaube ich – schon deinen 3. Beruf aus, nach der Lehre zum Bauzeichner hast Du dich weitergebildet zum Bauingenieur, es folgte ein Pädagogik-Studium, dann wurdest Du Lehrer; später warst Du Gewerkschaftssekretär, dann ACE-Geschäftsführer und nach der Frühverrentung studiertest Du Geschichte und machtest deinen Doktor.

Brigitte übte dagegen durchgehend mit großer Leidenschaft ihren Beruf – oder soll man besser sagen ihre Berufung -, als Lehrerin aus.

Immer wieder kamen wir zusammen, beruflich: Fritz wurde „mein persönlich betreuender Gewerkschaftssekretär“, da er bei der ÖTV für die Koelnmesse, bei der ich arbeitete, zuständig war. Politisch trafen wir uns in den eben beschrieben Politikfeldern – und privat mit Brigitte und Volker bei vielen gemeinsamen Abendessen mit gutem Essen und entsprechendem Wein sowie ebenso vielen manchmal auch ziemlich kontroversen Diskussionen – aber auch im Urlaub in der Bretagne.

Natürlich wurde auch Brigitte Mitglied im Verein EL-DE-Haus. Ab 1995 bis 2011 war Fritz stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Aufgabe des Vereins war es, u.a. in den Anfangsjahren, Ausstellungen zu organisieren und Publikationen zu erstellen und herauszugeben. Viele AB-Maßnahmen wurden vom Verein für das NS-Dok abgewickelt.
Fritz war maßgeblich an Publikationen für den Verein und das NS-Dok beteiligt. Fritz und Brigitte engagierten sich auch sehr für das Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Gleichzeitig seid Ihr beide seit langem aktiv in der Arbeit der Kölner Geschichtswerkstätten; nicht nur aber vor allem in Brück. Ihr beide seid treibende Kräfte in dieser Bewegung. Mit sehr viel Engagement habt Ihr an der Vernetzung dieser wichtigen Initiativen für die Geschichte von unten gearbeitet.

Viel Arbeit, Kraft und Engagement floss in Bücher die ihr gemeinsam recherchiert und verfasst habt. Z.B. das Buch über die Lebens- und Liebesgeschichte von Helene Sälzer und Gottfried Balin »Diesen Menschen hat man mir totgeschlagen« und zuletzt noch die »Geschichte der Lengsfeldschen Buchhandlung«. Darüber hinaus ist Fritz Autor diverser Publikationen und Bücher; einige davon sind in der Reihe des NS-Dok erschienen.
Von den vielen Büchern und Publikationen möchte ich nur zwei erwähnen: »unangepasst und widerborstig« über den Kölner Karnevalisten Karl Küpper und als Co-Autor »August Sanders unbeugsamer Sohn« über Erich Sander.

Bei meinen Überlegungen für die Rede ging mir durch den Kopf, dass Du, Fritz – im Gegensatz zu vielen anderen Männern deiner Generation die ich kennen gelernt habe – in einigen Fällen könnte ich auch sagen kennenlernen musste – ein Faible für selbstbewusste Frauen hast. Geprägt hat dich deine Mutter, die nach allem was ich von dir über sie erfahren habe, auf ihre Art eine sehr starke Frau war; dann natürlich ohne Zweifel Brigitte. Du hast schon früh Ausschau gehalten, welche Frauen man motivieren und ansprechen könnte, Funktionen zu übernehmen oder welche zu Unrecht vergessen und zu würdigen sind.
Zur letzten Kategorie gehört neben den Frauen über die Du bzw. Ihr geschrieben habt, auch eine mir wohl bekannte Gewerkschaftsfunktionärin Käthe Schlechter-Bonnessen, die 1. Kölner DGB-Kreisfrauenausschussvorsitzende. Ich folgte ihr 20 Jahre später als Dritte in der Funktion. Ihr sorgtet dafür, dass Käthe, die ich auch kennengelernt habe, durch eine Straße, die nach ihr benannt wurde, nicht in Vergessenheit gerät. Ebenso dazu gehört Martha Mense, die kommunistische Widerstandskämpferin, die hier im EL-DE-Haus gefoltert wurde und später in die Schulen ging, um die Erinnerung an die NS-Zeit zu den Schülerinnen und Schülern zu bringen. Ich entsinne mich noch, wie dieses Haus für den Besuch geöffnet wurde und ich mit Martha die Treppe in den Keller runterging und ich sie stützen musste. Ihr ist auch eine Straße in Köln Kalk gewidmet worden auf Initiative der Geschichtswerkstatt Köln Kalk, die natürlich von Fritz mit initiiert wurde.

Mich hast Du 1997 angesprochen, ob ich nicht Mitglied im Vorstand des Verein EL-DE-Haus werden wolle. Ich habe den Verein ja mitgegründet. Du fandest, dass unbedingt einige Frauen mehr in den Vorstand gehörten und von mir hast Du Dir versprochen, dass ich die Beziehung bzw. das Netzwerk zu den Gewerkschaften knüpfe und weiterentwickele; ich war damals stellvertretende Kölner ÖTV-Vorsitzende. Mittlerweile bin ich das dienstälteste Mitglied im Vorstand und Co-Vorsitzende des Vereins.

Heute gebt Ihr den Vorsitz der Bilz-Stiftung die ihr beide gemeinsam – nach der unerwarteten Erbschaft – ins Leben gerufen habt, in die Hände einer starken, mir sehr vertrauten und geschätzten, Frau: an Çiler Firtina mit der ich seit langer Zeit im Vorstand des Verein EL-DE-Haus sehr gut zusammenarbeite und an Hans-Peter Killguss, dem Leiter der IBS ,den ich ebenfalls schon sehr lange – noch aus der Zeit der »Gelben Hand« – kenne und schätze.

Liebe Brigitte, lieber Fritz, im Namen des Verein EL-DE-Haus und ganz persönlich danke ich Euch für euer großes ehrenamtliches Engagement, für die Erinnerung, gegen das Vergessen, gegen Antisemitismus – ein leider absolut aktuelles Thema –  für Antifaschismus und Antirassismus, für Euer langjähriges Engagement in der Flüchtlingsarbeit, für deine langjährige Vorstandsarbeit im Verein und im NS-Dok, lieber Fritz und Euch beiden für eure gemeinsame Arbeit in der Bilz-Stiftung!

Wir wünschen Euch alles erdenklich Gute für die Zukunft und hoffen euch immer mal wieder hier und anderswo zu treffen!

 

Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte – Neue Leitung der Bilz-Stiftung ab Januar

Der gemeinnützige Verein Coach e.V. hat den mit 5000 Euro dotierten Bilz-Preis erhalten. Die Bilz-Stiftung verlieh die Auszeichnung zum 25. Mal. Sie ehrt Kölner Vereine, die sich in besonderem Maße gegen Rassismus und für Integration und Völkerverständigung einsetzen.

Fritz Bilz plädierte in seiner Rede für mehr gegenseitigen Respekt und Einfühlungsvermögen. In den aktuellen Zeiten mit wachsendem Rassismus und Antisemitismus sei es umso wichtiger, für Toleranz und Integration einzustehen.

„Wir müssen gemeinsam verhindern, dass Gruppen von Menschen sich nicht gehört fühlen und sich dann von der Gesellschaft abkapseln“, sagte Bilz. Der Coach e.V. leiste genau dafür einen wichtigen Beitrag. Der Verein, der sich im September 2004 gründete, hilft vor allem Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte, gleiche Bildungs- und Teilhabechancen zu erhalten.

Die Jugendlichen können Hausaufgabenhilfe oder verschiedene Beratungsangebote in Anspruch nehmen. Damit soll ihnen eine bessere Bildung und ein leichterer Weg in das Berufsleben ermöglicht werden. Der Verein bietet den Schülerinnen und Schüler auch Gruppenaktivitäten an, um den Zusammenhalt zu stärken.

Fritz Bilz, Ahmet Sinoplu vom Coach e.V. und der Laudator Rolf Mützenich (Foto: HB)

Rolf Mützenich, SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, hielt die Laudatio. Mützenich lobte vor allem die Herzlichkeit, die in dem Verein stets zu spüren sei. „Der Coach e.V. hat Persönlichkeiten geschaffen und ihnen ein Selbstwertgefühl gegeben“, sagte Mützenich. Für viele Kinder und Jugendliche würde der Verein eine zweite Heimat bedeuten. „Der Verein ist ein Beispiel für gute Kölner Stadtgeschichte, ich wünsche mir mehr davon“, sagte Mützenich.

Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer des Coach e.V., freute sich sehr über die Auszeichnung. „Wir sind überwältigt von der Auszeichnung. Es ist ein ermutigendes Zeichen in diesen Zeiten“, sagte Sinoplu. Das Preisgeld möchte der Verein in zukünftige Projekte investieren. Vor allem das außerschulische Engagement sei für die Bildungsgerechtigkeit wichtig. „Wir wollen ein Teil der Lösung sein“, sagte Sinoplu.

Der Nachruf der Brücker Geschichtswerkstatt auf Brigitte kann hier geladen werden.