Von Willi Reiter
Aktueller könnte das Motto des 55. Deutschen Historikertages nicht sein: Die Dynamiken der Macht – Macht und Machtmissbrauch. Dabei fallen politisch Interessierten und politischen Akteuren insbesondere Putins brutaler Krieg gegen die Ukraine und Trumps erratische Aktionen in den Blick. Aber in der „Geschichtswissenschaft zählt Macht seit jeher zu den wichtigsten Analysekategorien“ in Politik, Wirtschaft aber auch in Familien und Geschlechterbeziehungen.
Die Universität Bonn empfängt verteilt über mehrere Tage rund 2.500 Expertinnen und Experten, Historiker und Historikerinnen sowie schulisches Lehrpersonal, Schaffende aus den Medien und interessierte Laien. In über 70 Fachsektionen sowie eine Reihe weiterer Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen von der Antike bis zur Gegenwart werden interessante Panels angeboten mit Vorträgen und anschließender Publikumsbeteiligung.
Die Historikertage präsentieren aktuelle und kontroverse Herausforderungen der Geschichtswissenschaft. Neue Ergebnisse werden der Öffentlichkeit präsentiert. Die Positionierung der eigenen Disziplin wird diskutiert und die Frage aufgeworfen: „Wie verhält sich die Geschichtswissenschaft zu aktuellen politischen und sozialen Debatten?“
Sechs Debatten-Schwerpunkte stehen im Angebot wie z.B. Schutz vor Machtmissbrauch in der Geschichtswissenschaft, Dynamiken der Macht beim Publizieren oder Mensch – Maschine. Ein neues Machtverhältnis? In der Rubrik Antisemitismus behandeln die Vortragenden erstens die „Begriffsgeschichte des Antisemitismus in längeren zeitlichen Horizonten“, zweitens die „Spezifik antisemitischer Gewalt im Vergleich […] mit anderen Gewaltkomplexen“ und drittens „die Verwendung des Begriffs in der Gegenwart.“ Diesen Part der Debatte gestalten auf dem Podium Avner Ofrath, Stefanie Middendorf, Stefanie Schüler-Springorum und Andrea Löw.
Eine der größten Errungenschaften der politischen Moderne vor Machtmissbrauch ist die Gewaltenteilung. Exekutive. Legislative. Judikative. Aber wie schnell die Gewaltenteilung ausgehebelt werden kann, demonstrierten 1933 die Nationalsozialisten. Im heutigen Russland benötigte Putin nur wenige Jahre, um das zarte Pflänzchen der Demokratie zu zerstören und die errungene Macht zu missbrauchen. Und der gegenwärtige amerikanische Präsident Donald Trump lässt nichts unversucht, die Säulen der Demokratie auszuhöhlen und seine persönliche Macht sukzessive täglich zu erweitern.
Nur eine wehrhafte Demokratie, so heißt es, kann Machtmissbraucht mittels politischer, juristischer und gesellschaftlicher Mittel stoppen. Aber: Welche Mittel, welche Instrumente könnten das sein, um rechtzeitig eine lebendige Demokratie mit der entsprechenden stabilen Gewaltenteilung zu garantieren? Auch in Deutschland wird diese Frage intensiv diskutiert.
Der Historikertag geht vom Dienstag, den 16. bis zum Freitag, den 19. September. Das ausführliche Programm des 55. Deutschen Historikertages sowie die Möglichkeit, sich anzumelden, finden Sie auf der Webseite: www.historikertag.de