Wir sind sehr betroffen vom Tod von Tamar Dreifuss, die am Samstag, 18.10.25 gestorben ist. Tamar Dreifuss und ihr Mann Harry Dreifuss waren dem NS-DOK und dem Verein EL-DE-Haus sehr verbunden.
Nachstehend veröffentlichen wir den Nachruf unseres Kooperationspartners, dem >Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte<.
„Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von unserer langjährigen Zeitzeugin, Erzähl-Caféteilnehmerin und Freundin Tamar Dreifuss, die am vergangenen Samstag, den 18. Oktober 2025 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.
Tamar Dreifuss wurde 1938 in Vilnius geboren. Ihre Kindheit wurde früh durch Krieg, Verfolgung und Verlust geprägt. Gemeinsam mit ihren Eltern, Jetta und Jascha Schapiro, überlebte sie das Ghetto von Vilnius. Im September 1943 sah sie ihren Vater zum letzten Mal – er wurde später im Konzentrationslager ermordet. Tamar gelang gemeinsam mit ihrer Mutter die Flucht. Nach Monaten der Angst und des Versteckens überlebten beide den Holocaust.
1948 wanderte Tamar mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater nach Israel aus, wo sie eine Ausbildung zur Erzieherin absolvierte. Später zog sie mit ihrem Mann Harry Dreifuss nach Deutschland und arbeitete dort viele Jahre als Religionslehrerin und Pädagogin.
Tamar war nicht nur Überlebende, sondern auch Erzählerin. Sie übersetzte die Erinnerungen ihrer Mutter aus dem Jiddischen – das Buch „Sag niemals, das ist dein letzter Weg“ bewahrt deren Zeugnis für kommende Generationen. Mit „Die wundersame Rettung der kleinen Tamar 1944“ fand sie schließlich ihre eigene Sprache, um auch Kindern von Verfolgung, Mut und Hoffnung zu erzählen.
Auch Jugendlichen erzählte Tamar ihre Lebensgeschichte. Aus diesen Begegnungen entstand das Animationsprojekt „DIE WUNDERBARE RETTUNG. Die Geschichte von Tamar Dreifuß“, das ihre Erinnerungen auf eindrucksvolle Weise in die Gegenwart trägt.
In den Erzähl- und Begegnungscafés des Bundesverbands teilte Tamar ihre Geschichte mit Einfühlsamkeit, Humor und Wärme. Sie sprach nicht aus Bitterkeit, sondern aus der tiefen Überzeugung, dass Erinnern und Mitmenschlichkeit untrennbar verbunden sind. Ihre Anwesenheit war eine Bereicherung – für uns, für junge Menschen, für alle, die das Glück hatten, ihr zu begegnen.
Wir sind dankbar, dass Tamar Dreifuss ihre Erfahrungen und ihre Lebensweisheit mit uns geteilt hat. Ihr Vermächtnis bleibt lebendig – in ihren Büchern, in den Herzen derer, die sie berührt hat, und in unserem gemeinsamen Einsatz gegen das Vergessen.
Wir werden sie sehr vermissen – Möge ihre Erinnerung ein Segen sein.“