Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Gespräche mit Menschen im EL-DE-Haus


Foto: Karin Meingut

Astrid Sürth, Bibliothekarin im NS-DOK im Gespräch mit Walla Blümcke

Aufnahmetechnik des EL-DE-Haus
(Dietmar Orfgen)
Nachbearbeitung W. Blümcke

 

 

Unglaublich: Mehr als 37 Jahre ist Astrid Sürth schon Bibliothekarin für das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln! Begonnen hat sie mit dieser Arbeit am 1. Januar 1988 noch in der Severinstraße, als das NS-DOK noch Teil des Stadtarchivs und dieses noch nicht eingestürzt war. Aber schon im September des Jahres sind sie ins EL-DE-Haus umgezogen.

Geboren und aufgewachsen ist Astrid Sürth in Köln, hat hier Abitur gemacht und studiert, zunächst bis zum Vordiplom Mathematik. Dann aber hat sie zum Bibliothekswesen gewechselt, weil ihr Mathe zu theoretisch war. Abgeschlossen hat sie das dreijährige Studium als Diplomdokumentarin und zunächst einige Monate als solche bei der Landesbank in Mainz gearbeitet, bevor sie die Stelle als Bibliothekarin am NS-DOK in Köln angetreten hat.

Hier gab es für sie die große Herausforderung und auch das Glück, eine Bibliothek aus dem Nichts aufzubauen, eine Systematik zu entwickeln, einen Bücherbestand aus einem Etat von 40.000 DM aufzubauen, aber auch die nötigen Möbel für die Arbeit anzuschaffen. Damals hatten das NS-DOK und die Bibliothek nur einige Büros im Hochparterre, im ersten Stock zusätzlich einen großen Raum mit Nebenraum für die Bibliothek und einen Veranstaltungsraum, alle anderen Räume im Haus waren belegt durch städtische Ämter. Geöffnet für Nutzer*innen ist die Bibliothek des Hauses seit dem 4. April 1989, einem Dienstag.

Über den „Zauber“ dieses Anfangs, die Abgrenzung der Aufgaben zwischen NS-DOK und Stadtarchiv, ihre heutigen Aufgaben, Nutzer*innenzahlen, Veränderungen der Themen bei Anfragen spricht sie in diesem Podcast. Ein Stück Geschichte des Hauses wird so lebendig.

Bei Anfragen von Privatpersonen, die Fragen zu Familienangehörigen haben, berühren sie immer wieder persönliche Schicksale. Aber sie ist Profi und lässt Belastungen im Haus zurück.

In ihrer Freizeit liest sie gern (ganz klischeehaft, wie sie meint), liebt die Natur, durch die sie vorzugsweise gern in der Eifel wandert. Aber sie kennt und liebt auch viele Regionen Frankreichs, von der Bretagne und der Normandie über die Atlantikküste bis zum Süden am Mittelmeer. Besonders zugetan ist sie dem Languedoc rund um Avignon, von dem sie sich gern zum Genuss und zur Bereicherung durch seine großen Schätze an Natur und Kultur einladen lässt.


Dr. Henning Borggräfe (Foto: privat)

Dr. Henning Borggräfe, Direktor des NS-DOK im Gespräch mit Walla Blümcke

Aufnahmetechnik des EL-DE-Haus (Dietmar Orfgen), Nachbearbeitung W. Blümcke

Seit November 2022 ist Dr. Henning Borggräfe Direktor des NS-DOK in Köln, zur Halbzeit seines jetzigen Vertrages gibt es Rückblicke auf seine bisherige Zeit im Haus und Ausblicke auf die kommenden Jahre.

Geboren und aufgewachsen ist er am Rande des Ruhrgebiets in Wetter-Volmarstein, zur Schule gegangen auf eine Waldorfschule in Hagen-Haspe, die er 2001 mit dem Abitur verlassen hat. Seine Großeltern lebten mit ihm in einem Haus und haben viel über den Krieg erzählt und so auch sein Interesse für Geschichte geweckt. In Bochum hat er dann Geschichte und Politikwissenschaften studiert, war in der Punkszene und in studentischen linken Szenen unterwegs und aktiv. Sein Fokus im Studium lag auf der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, aber eben auch auf der NS-Zeit, die für linke Szenen damals den Referenzrahmen bildete. Schrittweise entwickelte sich die NS-Zeit zum Schwerpunkt seines Interesses. So arbeitete er gegen Ende seines Masterstudiums zu Schützenvereinen in der NS-Zeit, untersuchte damit gesellschaftliches Mitmachen von solchen Feinstrukturen. Noch während der Promotionszeit arbeitete er mit im großen Projekt der Erstellung einer Dauerausstellung für die Gedenkstätte „Steinwache“, das ehemalige Polizeigefängnis in Dortmund. 2012 promovierte er mit der Arbeit „Entschädigung als Selbstaussöhnung. Die deutsche Auseinandersetzung um NS-Zwangsarbeit, 1979 – 2005“ bei Prof. Dr. Constantin Goschler. In der Post Doc-Zeit arbeitete er zu ähnlichen Themen am Kulturwissenschaftlichen Institut der Universität Essen, bevor er 2014 stellvertretender Leiter der Forschungs- und Bildungsabteilung an den Arolsen Archives und ein Jahr später dann ihr Leiter wurde – und bis 2022 blieb. Dort ging es um die digitale Gestaltung des weltweit größten Archivs zur Geschichte der NS-Verbrechen und vor allem darum, das Archiv nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Wissenschaft und Forschung zugänglich zu machen. Von Arolsen aus kam er als Direktor des NS-DOK nach Köln und hat mit dem inzwischen großen Team des Hauses in den nächsten Jahren Großes vor: die Neukonzeption der Dauerausstellung und die Erweiterung der Ausstellungsfläche.

Und wie schaltet der Mensch Henning Borggräfe ab von belastenden Themen? Früher waren es sportliche Radtouren auf Island oder durch Norwegen, seit ein paar Jahren aber gibt es wegen der Kinder etwas Ungefährlicheres, einen Kleingarten, der gut durch die Pandemie geholfen hat und in dessen Verein er als Schriftführer aktiv ist.


Hier geht es zu Dietmar Orfgens Arbeitsplatz (Foto: HB)

Dietmar Orfgen, Haustechniker im NS-Dokumentationszentrum im Gespräch mit Walla Blümcke

Aufnahmetechnik des EL-DE-Haus, Nachbearbeitung W. Blümcke

 

 

Der „Mensch im EL-DE-Haus“ ist in diesem Podcast Dietmar Orfgen, der schon seit 1997 für die Haustechnik zuständig ist. Wie vielfältig seine Arbeit ist, erzählt er in diversen Beispielen.

Seine Mutter war Österreicherin, der Vater Deutscher, aufgewachsen ist Dietmar Orfgen in Köln, wo er auch die Schulen besuchte und, nach einer kurzen Erfahrung in der schweizerischen Gastronomie, auch seine Lehre als Elektroinstallateur machte.

Nach drei Jahren Arbeit in kleinen Firmen, hat er von 1991 an für die Stadt Köln als Beleuchter im Schauspiel gearbeitet, eine schöne Herausforderung für Dietmar Orfgen, die aber auch bedeutete, bis spät in die Abende, auch an Wochenenden, zu arbeiten.

1997 ist er innerhalb der Stadt zum NS-DOK, endlich eine eigene Dienststelle im EL-DE-Haus, gewechselt. Die Anfänge im Haus, von denen er erzählt, wirken spannend: jeder brachte die Talente oder Fertigkeiten in die Arbeit des Hauses ein, um „es ans Laufen zu bringen“. Inzwischen sind die Arbeiten längst professionalisiert oder auch spezialisiert, die Kreativität der Mitarbeitenden entfaltet sich anders.

Apropos Kreativität, da gibt es noch etwas anderes, Wichtiges, in Dietmars Leben: das ist die Musik, er liebt sie. Er hat neben dem Beruf an einer Musik-Akademie E-Gitarre studiert und sich als Lehrer für das Unterrichten des Instruments qualifiziert. Früher hat er z.B. auch im Studio die Gitarre für einige „Geburtstags-CD’s“ eingespielt. Heute spielt er die akustische Gitarre in einer Irish Folk Rockband und tritt mit ihr in bekannten Locations auf.

Aber auch im EL-DE-Haus ging es um Musik, als Anita Lasker-Wallfisch in einer Veranstaltung, die Dietmar Orfgen technisch begleitet hat, zu Gast war. Sie hat von ihrem (Über-)Leben als Cellistin im Orchester von Auschwitz berichtet und ihm berührend gezeigt, dass Musik auch Leben retten kann.

 

 


Dieter Grützner (Foto: Waltraud Hezogenrath-Grützner)

Dieter Grützner, Mitglied im Förderverein EL-DE-Haus und ehrenamtlicher Mitarbeiter im NS-Dokumentationszentrum im Gespräch mit Walla Blümcke.

Aufnahmetechnik Dietmar Orfgen, EL-DE-Haus

Nachbearbeitung W. Blümcke

 

 

 

Dieter Grützner ist seit 2009 Mitglied im Förderverein EL-DE-Haus. In dem Jahr ist der gebürtige Dortmunder aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und ganz zu seiner Frau nach Köln gezogen. Dieses Jahr markiert aber nicht den Beginn eines gemächlichen Ruhestands, sondern vielmehr den Beginn, teils auch die Fortsetzung, einer Reihe von ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Und wieso kommt hier ein Vereinsmitglied in der Rubrik „Menschen im EL-DE-Haus“ vor?

Weil Dieter seit 2010 ehrenamtlich im EL-DE-Haus arbeitet, das heißt, einmal die Woche hört und sichtet er für den Bereich der Dokumentation Interviews mit Zeitzeug:innen, verschlagwortet sie und macht sie über FAUST zugänglich für Forschende und Interessierte, gibt damit – wie er sagt – Impulse für deren Nutzung.

Dieter wurde im Dortmunder Norden in eine sozialdemokratische Arbeiterfamilie geboren und ist aufgewachsen am Borsigplatz, der Fußballfreunden gut bekannt ist und Dieters lebenslange Vorliebe für das gelb-schwarze Trikot initiierte. Hier ist er auch wie selbstverständlich in eine von sieben damals existierenden Gruppen des sozialistischen Jugendverbandes „Die Falken“ gegangen, was ihn für sein Leben geprägt hat. Sein Lebensweg ist insgesamt einer des „lebenslangen Lernens“: von der Volksschule über die Handelsschule in eine Lehre als Industriekaufmann; dem folgte einige Jahre später – möglich durch sozialdemokratische Bildungspolitik in den 70ern – ein FH-Studium der sozialen Arbeit und anschließende hauptamtliche Arbeit als Jugendbildungsreferent bei den Falken. Dann hat er erneut studiert, dieses Mal Erziehungswissenschaften und mit dieser Qualifikation in Projekten gearbeitet, die Jugendliche ohne Abschluss oder nach abgebrochener Lehre zu einer neuen Chance verhalfen. Von 1989 bis 2009 war er Landesgeschäftsführer des Humanistischen Verbands NRW, der 1956 als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt worden war. So durfte Dieter, als Sprecher ausgebildet, Tod und Heirat beurkunden, analog zu dem, was Mitarbeiter der Kirchen dürfen. Und auch im Un-Ruhestand hat er sich weitergebildet, sich am Comedia-Theater Köln zum Veranstaltungsleiter ausbilden lassen und z.B. auch das EL-DE-Haus im Rahmen der Spendenverdoppelungsaktion davon profitieren lassen.

Dieter Grützner bekennt sich als Antifaschist, hat eine klare und reflektierte Haltung aufgrund seiner Sozialisation: Sein Vater gehörte in der NS-Zeit in Dortmund zu den „Latschern“; latschen war der Gegenbegriff zu marschieren und man kann sich ihr Denken und Handeln ähnlich dem der Edelweißpiraten in Köln vorstellen. Publiziert ist seine Geschichte in dem Buch „Kinder des Widerstandes aus Köln und Umgebung. Antifaschismus als Aufgabe“ aus 2021. Mehrfach hat er mit einer Powerpointpräsentation über das Leben seines Vaters bei Arbeiterwohlfahrt, Naturfreunden, im Hoesch-Museum und im Geschichts-LK an der Gesamtschule Rodenkirchen berichtet.

Aber hören Sie sich doch an, wie er im Podcast selbst über sein Leben, Denken und Handeln erzählt: dass er im Kuratorium der Steinwache, der ehemaligen Gestapozentrale in Dortmund, war, wo auch sein Vater gelitten hatte; dass er dem Vorstand des Humanistischen Verbandes Köln angehört und Jugendfeiern organisiert; dass er in einer Kita in seinem Veedel Vorlese-Opa ist.

Und natürlich berichtet er über seine Arbeit im EL-DE-Haus, womit er sich inhaltlich beschäftigt und welche Interviews ihn besonders bewegt haben. Und er erzählt auch, was Fritz Bilz damit zu tun hat.

 


Patrick Fels, Fachstelle [m2] miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus im NS-Dokumentationszentrum in Köln im Gespräch mit Walla Blümcke.
Aufnahmetechnik des NS-DOK
Nachbearbeitung: Walla Blümcke

Patrick Fels (Foto: NS-DOK)

Patrick Fels ist einer von wenigen im NS-DOK, der in Köln aufgewachsen ist. Sein Abitur hat er am Dreikönigsgymnasium in Bilderstöckchen gemacht und anschließend in Köln und in Haifa, im Norden Israels, im Hauptfach Politikwissenschaft studiert. Wichtige Erfahrungen hat er mit ca. 13 Jahren in einem schulischen Projekt zum Thema „Rechtsradikalismus“ gemacht, an dem auch Sammy Maedge mitgewirkt und eine Mitschülerin von Rassismuserlebnissen berichtet hat.

Im NS-DOK hat er zunächst als Honorarkraft Führungen gemacht und aus der Herausforderung, ganz unterschiedliche Gruppen, was z.B. Alter und Vorwissen angeht, angemessen mit dem Thema vertraut zu machen , hat sich bei ihm eine Leidenschaft für die Vermittlungsarbeit, sprich Bildungsarbeit entwickelt.

Den Aufbau der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) 2008 hat er miterlebt, ab 2011 dort zunächst als Honorarkraft und ab 2013 als fester Mitarbeiter in der Mobilen Beratung gearbeitet und mit wenigen Stunden ist er da bis heute aktiv.

Mit Entstehen der Fachstelle [m2] 2019 gehört er zu der Gruppe, die die Arbeit gegen Antisemitismus im NS-DOK macht. Diese ist in Dokumentation, Beratung und Bildung strukturiert – und Patrick ist natürlich, mit einem Kollegen, für die Bildungsarbeit zuständig.

Ein Modul der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus umfasst mindestens drei Zeitstunden und gliedert sich immer in die Bestandteile: Information, was ist Antisemitismus; Jüdische Perspektive, wie erleben Betroffene Antisemitismus und Verhaltenstipps, was kann ich tun, wenn ich Zeuge*in antisemitischen Verhaltens werde, vielleicht könnte man das letzte auch Courage-Training nennen.

Das Angebot ist für alle Gruppen in Köln kostenlos, in Anspruch nehmen können es Schulklassen, Kollegien, Vereine oder Initiativen. Gerne wird auch auf spezielle Fragestellungen eingegangen! Die Fachstelle [m²] setzt ihr Angebot auch mit Referendar*innen u.a. der Uni Köln um. Diese Zielgruppe zu erreichen ist ein wichtiges Anliegen, wird bisher aber noch zu wenig umgesetzt. Eine verpflichtende Schulung für alle wäre ein Ziel damit zukünftige Lehrer*innen besser gerüstet in den von Diversität geprägten Schulalltag der Zukunft gehen können.

Patrick Fels schildert sehr konkret nicht nur seinen Werdegang, sondern auch die Inhalte ihrer Bildungsarbeit, die Netzwerke, in denen sie arbeiten, die Erfahrungen, die Betroffene von Antisemitismus machen und Wünsche, die er für die Zukunft hat: Antisemitismus und Rassismus sind ein krasser Widerspruch zu demokratischen Werten. Wir müssen anerkennen, dass wir in einer diversen und multireligiösen Gesellschaft leben. Mit einer solchen Grundhaltung werden die Konflikte nicht kleiner, so Patrick, aber mit einer Kultur des Respekts und Diskussionen auf Augenhöhe können wir gemeinsam Lösungen finden, die unser Zusammenleben friedlicher und bereichernder machen.


Hans-Peter Killguss (Foto: Karin Maigut/NS-DOK)

Hans-Peter Killguss, Leiter Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs), Abteilung des NS DOK Köln im Gespräch mit Walla Blümcke

Aufnahmetechnik des NS-DOK, Nachbearbeitung: Walla Blümcke

 

Hans-Peter Killguss ist in Süddeutschland aufgewachsen. Seinen Zivildienst hat er über die Aktion Sühnezeichen in Großbritannien mit alten Menschen geleistet, die als jüdische Kinder in der NS-Zeit dorthin gerettet wurden. Sein Studium der Diplompädagogik, Schwerpunkte Erwachsenenbildung und Politikwissenschaften, hat er in Köln absolviert, hat für das gewerkschaftliche Projekt „Die gelbe Hand“ bzw. „Mach meinen Kumpel nicht an“ gearbeitet und sich schließlich erfolgreich auf die 2007 vom Rat beschlossene Stelle im NS-DOK beworben, die er nun seit 2008 mit Leben füllt.

Welche Aufgaben die ibs im EL-DE-Haus erfüllt, wie die Zusammenarbeit im Team, im Haus funktioniert und wie er sich und seine Arbeit als Abteilungsleiter versteht, das erläutert Hans-Peter Killguss im Gespräch ebenso, wie er über aktuelle Projekte oder den Umgang mit – eher seltenen – Bedrohungen seiner Kolleg*innen  berichtet. Sie können etwas über seine intrinsische Motivation für die Arbeit erfahren, aber auch seine Position zu sprachlicher Achtsamkeit kennen lernen, die Teil eines Gesamtkonzepts von Respekt gegenüber anderen Menschen ist, der Wahrung der Würde jedes Menschen, ausnahmslos.

Er spricht über die Entwicklung des Konzepts für das „Haus für Erinnern und Demokratie“ und seine eigenen Gedanken, Positionen zur – zeitweilig intensiv diskutierten – historischen Mitte in Köln, wie er sie sich vorstellen kann, ohne dass das NS DOK etwas verlieren würde, im Gegenteil …

 

 


Stella Shcherbatova (Foto: privat)

Stella Shcherbatova, Fachstelle [m²] miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus bei der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) im NS-Dokumentationszentrum

im Gespräch mit Walla Blümcke

Menschen im EL-DE-Haus Folge 3 Stella Shcherbatova m 2

Aufnahmetechnik: Dietmar Orfgen, Nachbearbeitung Walla Blümcke

 

Nur einige Informationen erhalten Sie hier aus dem Gespräch, das ich mit Stella Shcherbatova  geführt habe, sozusagen als Anregung für den Podcast: Denn über den Link können Sie sich das ganze Gespräch auf der Homepage des Fördervereins anhören.

Stella Shcherbatova wurde in Pjatigorsk im Nordkaukasus geboren und hat Psychologie in Charkiw studiert, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, die damals noch eine sozialistische Sowjetrepublik war. Nach Abschluss des Studiums ging sie zurück in ihre Heimatstadt und hat dort als Psychologin gearbeitet, u.a. auch mit Flüchtlingen aus Tschetschenien und Aserbeidschan. – Und sie ahnte nicht, dass dieses Fremdsein in Sprache und Kultur eines Landes auch einmal ihre Situation und die ihrer Familie sein würde …

1998 kamen sie und ihre Familie als jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland, in die Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen. Von dort sind sie nach Köln gezogen, wo schon Verwandte lebten. Sie erzählt von den Schwierigkeiten in den ersten Jahren und der scheinbaren Unmöglichkeit im „neuen“ Land jemals wieder als Psychologin arbeiten zu können – und von den Menschen, die ihr doch die Zugänge und Chancen verschafften, um wieder in ihrem Beruf arbeiten zu können.

Ehrenamtlich war ihr beruflicher Start in der jüdischen Gemeinde, die Wege finden musste, die aus der ehemaligen Sowjetunion/Russischen Föderation immigrierten Jüdinnen und Juden zu integrieren. Hier hat Frau Shcherbatova, vertraut mit Sprache, Kultur und Sorgen der Immigrant*innen, zu denen sie ja auch gehörte, zum Beispiel das Vertrauenstelefon eingeführt. Sie baute das Begegnungszentrum in Porz mit auf, hat die Leitung übernommen und ihre fachliche Kompetenz in den Dienst der Immigrant*innen gestellt.

Als die Fachstelle [m²] miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus eingerichtet werden sollte, wurde sie gefragt, ob sie sich nicht um die Stelle für die Beratung bewerben möchte. – Und so bringt Stella Shcherbatova seit September 2020 als städtische Mitarbeiterin ihre psychologische Kompetenz und ihre langjährige Erfahrung mit jüdischen Immigrant*innen in diese Arbeit ein und erzählt anschaulich, wie sie ihre Arbeit versteht und gestaltet.

 

 


Daniel Vymyslicky (Foto: Jörn Neumann)

Daniel Vymyslicky, Fachstelle [m²] miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus bei der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) im NS-Dokumentationszentrum.

Aufnahmetechnik: Dietmar Orfgen, Nachbearbeitung Walla Blümcke

 

 

Geboren wurde Daniel Vymyslicky 1990 in Düsseldorf, aber mit 15 Jahren ist er umgezogen nach Italien, wo er sein Abitur und den Bachelor in Politikwissenschaften gemacht hat. Zum Masterstudium kehrte er dann zurück nach Deutschland und hat in Marburg den Master in Geschichte der Internationalen Politik gemacht. Über ein Praktikum beim, damals noch so genannten, Internationalen Suchdienst, inzwischen Arolsen Archiv, im hessischen Bad Arolsen, fand er seinen Berufseinstieg. Die erste reguläre berufliche Station war dann die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, an der er als pädagogischer Mitarbeiter gewirkt hat. Vor gut eineinhalb Jahren dann ist er zur Fachstelle [m2] , Teil der ibs (Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus) im NS DOK Köln gewechselt und ist hier für den Kompetenzbereich Recherche/Dokumentation antisemitischer Vorfälle zuständig.

Sein Start war durch die Pandemiezeit mit vielen Einschränkungen sicher nicht einfach, aber es gibt inzwischen eine erste Bilanz seiner Tätigkeit, d.h. Ergebnisse seiner Dokumentation.

Im Gespräch gibt Daniel Vymyslicky Auskunft über seine Aufgaben im Rahmen der Fachstelle [m2] und seine Wirkmöglichkeiten. Dass ein Mensch wie Daniel in dieser öffentlichen Sichtbarkeit nicht besonders viel Persönliches von sich Preis geben kann, ist sicher nachvollziehbar, aber wirft auch ein Licht auf die aktuelle Lage bezüglich Antisemitismus in unserer Gesellschaft.

Wir wünschen Daniel Vymyslicky für die zukünftige Arbeit alles Gute und dass sich seine Zukunftswünsche erfüllen mögen: dass zumindest in zentralen Strukturen Antisemitismus kaum noch eine Rolle spielt, sich Medien auch für nichtkörperliche antisemitische Aggressionen und Übergriffe interessieren und antisemitische Schmierereien z.B. nicht länger als fünf Minuten öffentlich überleben!

 


Dr. Cristians-Bernsee. Foto: HB

Dr. Annemone Christians-Bernsee, stellvertretende Direktorin des NS DOK Köln, im Gespräch mit Walla Blümcke. Das Gespräch wurde im NS Dok am 17. Juli 2021 aufgezeichnet.

Aufnahmetechnik: Dietmar Orfgen, Nachbearbeitung Walla Blümcke

Das Foto zeigt Dr. Christians-Bernsee bei der Eröffnung zur Ausstellung „Klänge des Lebens. Geschichten von Sinte*zze und Rom*nja. Eine Ge-Denk-Station“.

Einen herzlichen Dank an Dietmar Orfgen, der in dem Haus, das eine Baustelle mit entsprechendem Lärm war, den ruhigsten Raum für das Gespräch gefunden hat!

Geboren in Hamburg, aufgewachsen in Hannover ging Annemone Christians-Bernsee für die Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin zum Deutschen Taschenbuch-Verlag nach München, studierte dort Neuere und Neueste Geschichte und Kommunikationswissenschaften, promovierte dort zum Thema Gesundheit in der NS-Zeit in München, arbeitete danach in einem Projekt der neu gegründeten Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam, kehrte zurück nach München an das Institut für Zeitgeschichte für ein internationales Forschungsprojekt zum Privaten vor Gericht in der NS-Zeit und arbeitete danach als Assistentin von Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte. – Aus dieser Position heraus hat sie sich auf die Stelle der stellvertretenden Direktorin am NS DOK in Köln beworben und ist das nun schon seit dem 1. Januar 2020.

Ihr Start lag in der Pandemiezeit mit vielen Einschränkungen – ob sie am Haus und in Köln trotzdem schon angekommen ist, welches ihre Aufgaben im Haus sind und welche Vorstellungen sie für ihre Arbeit, z.B. neue Forschungsprojekte am Haus hat oder wie es ihr in einer Gedenkstätte als Arbeitsplatz geht und wie sie zu ihrem Lebensthema fand, das können Sie im Gespräch hören.

Wir begrüßen Frau Dr. Christians-Bernsee, wenn auch verspätet, jedenfalls ganz herzlich und wünschen ihr für die zukünftige Arbeit und ihr Leben mit Familie in Köln alles Gute!