In Fortführung seiner Darstellung vom 7. April 2022 (s.u.) konkretisiert Jörg Frank, ehemaliger langjähriger Fraktionsgeschäftsführer von Bündnis 90/ Die Grünen im Kölner Rat, die Haltung der Oberbürgermeisterin zur Stellenbesetzng beim NS-Dok:
„Als weitere Reaktion auf den Mehrheitsbeschluss des Ausschusses Kunst und Kultur am 05.04.22, mit dem die Verwaltung beauftragt zur „sofortigen Einleitung des Neubesetzungsverfahrens der vakanten Stelle der Leitung des NSDokumentationszentrums Köln“ beauftragt wird, hat Oberbürgermeisterin Reker mit einer weiteren Mitteilung 1204/2022 (gezeichnet am 11.04.22) über ihr Amt OB/01 reagiert. (…)
Mit der nun weiteren Mitteilung eskaliert die Oberbürgermeisterin den Konflikt gegenüber dem Fachausschuss und Rat auf administrativer Ebene ohne zum eigentlichen Konflikt Stellung zu beziehen.“
Nachfolgend das Positionspapier vom 16.4.2022:
Wiederbesetzung der Leitung des NS-Dokumentationszentrums Weitere Reaktion der Oberbürgermeisterin auf den Beschluss des Ausschuss Kunst und Kultur vom 05.04. – Erneute Befassung im Ausschuss am 31.05.22 – Die politische Mehrheit Ratsbeschluss „Historische Mitte“ korrigieren.
Als weitere Reaktion auf den Mehrheitsbeschluss des Ausschusses Kunst und Kultur am 05.04.22, mit dem die Verwaltung beauftragt zur „sofortigen Einleitung des Neubesetzungsverfahrens der vakanten Stelle der Leitung des NS-Dokumentationszentrums Köln“ beauftragt wird, hat Oberbürgermeisterin Reker mit einer weiteren Mitteilung 1204/2022 (gezeichnet am 11.04.22) über ihr Amt OB/01 reagiert. Diese Mitteilung setzt auf der Verwaltungsmitteilung 1135_2022_Mitteilung_Ausschuss auf. Diese wurde mit Zeichnung durch die Oberbürgermeisterin vom Dezernat VII (Kultur) dem Ausschuss zur Sitzung am 05.04. vorgelegt.
Während in der Mitteilung 1135/2022 ausgesagt wird, dass „das Verfahren zur Neubesetzung der vakanten Leitungsstelle des NS-Dokumentationszentrums Köln von der Verwaltung eingeleitet (wird)“, was der Ausschuss auch nicht in Frage gestellt hat, heißt es in der neuen Mitteilung 1204/2022: „Dieser Beschluss ist für die Verwaltung nicht bindend, weil der Ausschuss Kunst und Kultur für die Angelegenheit nicht zuständig ist. Die Entscheidungsbefugnis für Personalangelegenheiten liegt nach § 73 Absatz 3 Gemeindeordnung NRW grundsätzlich bei der Oberbürgermeisterin. Sie trifft die dienst- und arbeitsrechtlichen Entscheidungen …“
Bereits in meiner Bewertung der Vorgänge vom 07.04. hatte ich auf die Organisationshoheit der Oberbürgermeisterin bei Leitungsstellenbesetzungen und die sehr eingeschränkten Mitwirkungsrechte des Rates (§ 73 u. § 74 GO NRW) hingewiesen, aber zugleich betont, dass der Rat das Recht hat, gegenüber der Verwaltung seinen politischen Willen in einer wesentlichen politischen Frage zu verdeutlichen. Somit wäre zu erwarten gewesen, dass die Oberbürgermeisterin den im Ausschuss-Beschluss deutlich erkennbaren politischen Mehrheitswillen für ihre weiteren Entscheidungen berücksichtigt. Darauf ließ zumindest die Bereitschaft eines zeitnahen Starts des Auswahlverfahrens schließen, die in der Mitteilung 1135/2022 angekündigt wurde.
Im Kern handelt es sich aber nicht um einen administrativen Zuständigkeitskonflikt zwischen Oberbürgermeisterin und Ratsmehrheit, sondern um eine politische Grundsatzentscheidung über den zukünftigen Stellenwert des NS-Dokumentationszentrums. Mit der nun weiteren Mitteilung eskaliert die Oberbürgermeisterin den Konflikt gegenüber dem Fachausschuss und Rat auf administrativer Ebene ohne zum eigentlichen Konflikt Stellung zu beziehen.
Allerdings ist auch Fakt, dass die Gefahr des Verlustes der Eigenständigkeit des NS-Dok und der damit verbundenen Degradierung der Leitungsstelle erst durch einen politischen Ratsbeschluss des „Gestaltungsbündnisses GRÜNE/CDU/VOLT“ zur „Historischen Mitte“ (AN_2693_2021) verursacht wurde. Aus dem Kulturdezernat ist immer wieder zu hören, dass die ursprüngliche Beschlussvorlage der Verwaltung „Neubau Historische Mitte“ (3523/2021) dies gar nicht vorsah.
Die eskalierende Mitteilung der Oberbürgermeisterin steht nun auf der Tagesordnung des Ausschusses Kunst und Kultur am 31.05.2022. Doch wäre es unklug, wenn die politische Mehrheit, die für die uneingeschränkte Eigenständigkeit des NS-Dok eintritt, bis dahin abwartet.
In der Verwaltungsmitteilung 1135/2022 heißt es: „Die Anforderungen an die Position werden mit der Konzeptentwicklung, die im Rat am 14. Dezember 2021 beschlossen wurde, verknüpft.“ Daran hält die OB unverändert fest. Folglich muss die besagte politische Mehrheit genau diese Verknüpfung kappen, in dem sie diesen Teil des Ratsbeschlusses vom 14.12.2021 aufhebt. Denn der Kulturausschuss- Beschluss beinhaltet implizit, das NS-Dok eben nicht in irgendeiner Weise in die „Historische Mitte“ einzuverleiben. Ein solcher Korrekturbeschluss könnte am 5. Mai im Rat oder am 9. Mai im Hauptausschuss erfolgen. Dazu aber müssten sich zunächst die Fraktionsführungen von GRÜNE und ggf. auch VOLT nicht nur eindeutig und öffentlich hinter den Kulturausschuss-Beschluss stellen, sondern auch die Korrektur des besagten Ratsbeschlusses einleiten. Bislang herrscht der Eindruck vor, dass im „Gestaltungsbündnis“ nur die KulturpolitikerInnen agieren.
Bei einem korrigierenden Vorgehen würde sich auch zeigen, welche Ziele die CDU mit der von ihr ausgehenden Intervention zur Eingliederung in die „Historische Mitte“ verfolgt und ob sie daran festhalten möchte. Faktisch befindet sie sich bereits jetzt in der Minderheit.
Nun sind also die Fraktionsführungen – insbesondere die Grünen – am Zug, ob sie ggf. auch gegen die CDU die Beschädigung des NS-Dok abwenden und die Institution in ihrem bisherigen Wirken unterstützen und stärken wollen. Letztlich werden politische Entscheider an ihren Taten und nicht an Sonntagsreden gegen „Rechtsextremismus und Antisemitismus“ gemessen.
16.04.2022 – Jörg Frank
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220416_Eskalation_Wiederbesetzung NS-Dok Leitung