Verein EL-DE-Haus e.V.

Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Kundgebung gegen Rechte und Putinfreunde erfolgreich

Gegen 14 Uhr trafen die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der unterstützenden Organisationen zur Kundgebung vor dem EL-DE-Hauses ein. Mitarbeiter*innen des Hauses brachten Transparente an und Vereinsmitglieder bauten die Infotische mit Informationen zum Haus und zu der Aktionswoche in Erinnerung an die Bücherverbrennung 1933 auf. Besucher*innen des NS-DOK und Vorübergehende zeigten sich daran sehr interessiert. Um 15 Uhr begrüßte Claudia Wörmann-Adam, Co-Vorsitzende des Vereins EL-DE-Haus die Unterstützerinnen und Unterstützer der Kundgebung sowie die Rednerinnen und Redner verschiedener beteiligter Organisationen. Zu nennen sind Marianne Arndt, Martin Bock, Rolly Brings, Jörg Detjen, Ciler Firtina, Albrecht Kieser, Kerstin Klein, Vertreterin Omas gegen Rechts, Markus Reinhardt und Wolfgang Uellenberg van Dawen. Ihre Reden wurden von den Anwesenden mit Beifall begrüßt.

Noch bevor die Rechten und Putin-Unterstützer von der Deutzer Werft eintrafen, fing es an, drastisch zu regnen aber die übergroße Zahl der erschienen Unterstützer*innen blieb. Sie stellten sich dann den Rechten und Kriegstreibern entgegen. Die anwesenden Polizeikräfte sorgten sehr umsichtig dafür, dass die Kontrahenten nicht aufeinanderstießen und die Demonstranten in ausreichendem Abstand vom EL-DE-Haus gestoppt wurden. An der Schwalbengasse war für sie Endstation. Mit ihren Blumen, die sie im NS-DOK hatten niederlegen wollen, zogen sie dann um 16:30 begleitet von den Parolen der EL-DE-Haus-Verteidiger gegen sie wieder ab. Diese beendeten zum Abschluss ihrer Verteidigungsaktion gemeinsam die erfolgreiche Kundgebung mit dem von Rolly Brings intonierten „Lied der Moorsoldaten“.

Die Ansprache von Claudia WörmannAdam zur Kundgebung und der Text des EL-DE-Haus-Liedes, das Rolly Brings im kölschen Originaltext vorgetragen hat, sowie Fotos der Veranstaltung  finden sich auf der Dokumentationsseite.

Schützen wir das EL-DE-Haus vor Rechtsextremisten und nationalistischen Kriegstreibern!

Am 13. April wurde bekannt, dass die Putin-treue Organisation „Brücke Freundschaft zwischen Russland und Deutschland“ der in Köln lebenden Elena Kolbasnikova und ihres Partners Max Schlund für den 6. Mai 2023 eine Kundgebung vor dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, dem EL-DE-Haus, planen.

Zu der Veranstaltung mobilisiert ebenso der rechtsextreme „Aufbruch Leverkusen“, mit dem es schon in der Vergangenheit eine enge Zusammenarbeit gab. Geplant sind ein Autokorso von Leverkusen nach Köln und im Anschluss eine gemeinsame Demonstration zum
NS-Dokumentationszentrum am Appellhofplatz.

Wir fordern, die Kundgebung vor dem EL-DE-Haus und in unmittelbarer Nähe zum Deserteurs-Denkmal zu verbieten!
Wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten auf, mit uns gemeinsam das EL-DE-Haus friedlich mit einer großen Menschenkette zu schützen:

Kommen Sie/Kommt alle
am Samstag, dem 6. Mai ab 14:30 Uhr zum EL-DE-Haus.

Bitte informieren Sie sich bis zum Samstag hier kontinuierlich. Die Zeiten können sich ändern.

Weitere Infos und die Unterstützer des Aufrufs nachfolgend.

Aufruf: Schützen wir das EL-DE-Haus vor rechten Kriegstreibern!

Am 13. April wurde bekannt, dass die Putin-treue Organisation „Brücke Freundschaft zwischen Russland und Deutschland“ der in Köln lebenden Elena Kolbasnikova und ihres Partners Max Schlund für den 6. Mai eine Demonstration mit anschließender Kundgebung vor dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, dem EL-DE-Haus, planen. Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft Frau Kolbasnikova im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg die Billigung von Straftaten sowie Verstöße gegen das von der EU und Deutschland verhängte Embargo gegen Russland vor. Sie ist bekannt für ihre enge Zusammenarbeit mit Vertretern der extremen Rechten. Ihr Verteidiger und Mitstreiter ist der in Köln bekannte ehemalige Funktionär von pro Köln und pro NRW sowie aktuell von „Aufbruch Leverkusen“, Markus Beisicht. Sie pflegt enge Kontakte mit ehemaligen AfD- und NPD-Funktionären, Rechtsextre­misten, Reichsbürgern, Verschwörungs-Ideologen und Corona-Leugnern.

Der Anmeldung von Demonstration und Kundgebung ging ein schriftliches Gesuch von Frau Kolbasnikova und Herrn Schlund an das NS-DOK voraus, dort am 6. Mai in der Gedenkstätte im Innenhof Blumen niederzulegen zum „Tag des Sieges über den Faschismus“. Dieses Ansinnen wurde durch das NS-DOK abgelehnt.

Wir, der Verein EL-DE-Haus, Förderverein des NS-Dokumentationszentrums, stehen hinter der Entscheidung der Direktion des Hauses, den Zugang zu untersagen. In unserer Satzung ist festgelegt, dass wir uns einsetzen für Toleranz und die demokra­tische Grundordnung sowie gegen jegliche Form von: Hass, Verschwörungserzählun­gen, Rassismus, Faschismus, Neofaschismus, Nationalismus, Revanchismus.

Wir rufen dazu auf, die Kundgebung vor dem EL-DE- Haus und in unmittelbarer Nähe zum Deserteurs-Denkmal zu verbieten! Alle Demokratinnen und Demokraten rufen wir auf, unser Anliegen zu unterstützen und an diesem Tag gemeinsam mit einer großen Menschenkette oder einer anderen noch abzustimmenden Aktion das Haus vor rechten Kriegstreibern und Kriegstreiberinnen zu schützen!

Für den Verein EL-DE-Haus – Förderverein des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle
Co-Vorsitzende

Bis zum 25. April 2023 wurde der Aufruf von folgenden Organisationen und Initiativen unterzeichnet:

  • Arsch huh
  • Bündnis 90 Die Grünen Köln
  • CDU Köln
  • cityofhope cologne e.V.
  • ColognePride e.V.
  • Dellbrück gegen Rechts
  • Deutscher Gewerkschaftsbund DGB Köln
  • DGB Jugend Köln
  • DIE LINKE Ratsfraktion  Köln
  • DIE LINKE.Köln
  • Evangelischer Kirchenverband Köln und Region
  • Freie Demokraten FDP Köln
  • Friedensbildungswerk e.V. Köln
  • Generalkonsulat der Ukraine Düsseldorf
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW Köln
  • Hans-Mayer-Gesellschaft Köln
  • Humanistischer Verband NRW Gemeinschaft Köln
  • Initiative Nippeser Edelweißpiraten
  • Initiative Völkermord Erinnern
  • Jugendclub Courage Köln e.V.
  • Jusos in der KölnSPD
  • Karl Rahner Akademie Köln
  • Katholikenausschuss in der Stadt Köln
  • Katholische Arbeiterbewegung Köln (KAB)
  • Katholisches Stadtdekanat Köln
  • Klare Kante e.V. Köln
  • Köln stellt sich quer
  • Kölner Frauengeschichtsverein
  • Kölner Jugendring e.V.
  • Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit
  • Lern- und Gedenkort Jawne
  • Lew Kopelew Forum e.V.
  • Maro Drom – Kölner Sinte und Freunde e. V.
  • Melanchthon-Akademie Köln
  • Naturfreundejugend Köln
  • Omas gegen Rechts Köln
  • Osteuropaforum Bonn
  • Recherche International e.V.
  • Rom e.V.
  • Seebrücke Köln
  • Sektion Rheinland-Köln e.V. im DAV (Kölner Alpenverein)
  • Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken Köln
  • SPD Unterbezirk Köln
  • Synagogengemeinde Köln
  • Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Corinto/El Realejo
  • Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Ortsverein Köln
  • Volt Köln
  • Werkstatt für Ortsgeschichte Köln-Brück
  • work-watch e.V.

EL-DE-Info 97 vom April 2023

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Mitglieder des Vereins EL-DE-Haus,

um den Umfang unseres Newsletters zu verringern, werden wir ab dieser Ausgabe längere Texte auf unsere Homepage stellen und mit einem kürzeren Artikel im Newsletter verlinken. Auf dieser Homepage können Sie sich auch schneller und zeitnäher über bevorstehende und vergangene Veranstaltungen informieren. Siehe z.B. Termine.

Unser Verein hat, wie bereits berichtet, eine breit angelegte Kampagne zur Erinnerung an den 90. Jahrestag der Bücherverbrennung im Mai gestartet. Über 100 Kooperationspartner beteiligen sich bisher mit eigenen Veranstaltungen und Ausstellungen an der Aktionswoche. Es gibt auch weiter die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Die zentrale Eröffnungsveranstaltung findet am 10. Mai in der Stadtbibliothek am Neumarkt statt. Die Aktionswoche steht unter der Schirmherrschaft der Oberbürgermeisterin. Alle aktuellen Informationen dazu finden Sie auf  https://verbranntundverbannt.info/

Im Juni wird das NS-Dokumentationszentrum die Räume im 3. und 4. Obergeschoss eröffnen. Mehr dazu lesen Sie im Bericht des Direktors Henning Borggräfe.
Weitere Informationen zum Programm und zu aktuellen Veranstaltungen des NS-Dokumentationszentrums finden Sie auf
https://museenkoeln.de/NS-DOKUMENTATIONSZENTRUM

Nicht zuletzt möchten wir an zwei Menschen erinnern, mit denen das NS-DOK und der Verein verbunden waren. Auf Faye Cukier, die am 23. Januar 2023 im Alter von 100 Jahren verstorben ist, hat Werner Jung einen Nachruf verfasst. Faye Cukier wird nicht nur in unserer Erinnerung weiterleben, sondern ist auch als Zeitzeugin in den neuen Räumen präsent.

Unser langjähriges Mitglied Jochen Kaufmann ist am 6. Januar 2023 kurz vor seinem 80. Geburtstag verstorben. Jochen Kaufmann hat viele Aktivitäten begleitet und gefördert, besonders zu erwähnen ist sein Engagement für die Errichtung des Deserteurs- Denkmal am Appellhofplatz.

Wir haben die Tradition der Ausstellungsführungen für die Mitgliedschaft wieder aufgenommen, die regen Zuspruch findet. Über neue Termine halten wir Sie gern auf dem Laufenden. Der Verein bedankt sich für das Interesse an seiner Arbeit und Ihre Förderung, durch die wir die Arbeit des NS-Dokumentationszentrums begleiten und unterstützen können.

Martin Sölle

Der komplette Newsletter kann hier geladen werden.

Faye Cukier gestorben

Erinnerung an eine lebensfrohe Zeitzeugin
von Werner Jung

Am 23. Januar 2023 ist Faye Cukier gestorben. Sie wurde zwei Tage später auf dem Jüdischen Friedhof in Bocklemünd nach einer beeindruckenden Trauerfeier im Grab ihrer Eltern beigesetzt. Noch am 15. Juni des letzten Jahres konnte sie im Jüdischen Elternheim, in dem sie seit 2020 lebte, ihren 100. Geburtstag feiern. Tochter, Enkel und Urenkel waren aus den Vereinigten Staaten angereist, Freundinnen und Freunde aus Köln und anderen Städten trotz der Corona-Beschränkungen anwesend.

Faye hatte in jungen Jahren ein ungemein hartes Leben überstanden, das viele, die sie aus der späteren Zeit kannten, gar nicht mit der lebenslustigen Person in Verbindung bringen konnten. Sie hat nämlich ihre Eltern und sich selbst vor der Deportation und Ermordung retten können.

Faye Cukier wurde als Fanni Cukrowski in Köln im St. Anna-Hospital in Köln-Lindenthal geboren. Sie war das einzige Kind jüdischer Eltern, die Anfang des letzten Jahrhunderts aus Polen nach Deutschland ausgewandert waren. Die Familie musste als Staatenlose in Deutschland leben. Doch der Vater betrieb in Köln-Mülheim einen gut gehenden Metallgroßhandel, der der Familie ein Leben im Wohlstand ermöglichte. Faye liebte ihre Heimatstadt, den Rhein, den Dom, die kölnische Mundart. Alles schien für eine glückliche Kindheit und Jugend eingerichtet zu sein. 1930 ließ die Familie ihren Namen durch Gerichtsbeschluss in Cukier ändern.

Doch die Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte alles. Auch die junge Faye erlebte nun den wachsenden Antisemitismus. Nach einem Angriff von Jugendlichen auf sie entschloss sich die Familie, Deutschland zu verlassen. Gerade noch rechtzeitig – nur wenige Wochen vor der Zwangsausweisung polnischer Juden aus Deutschland (“Polenaktion”). Mutter und Tochter gingen im September 1938 nach Belgien. Der Vater folgte, nachdem er geschäftliche Dinge in Köln geregelt hatte.

Faye Cukier (rechts) mit ihren Eltern in Brüssel, Frühjahr 1945 (Fotograf: unbekannt)

Der Familie gelang sechs Jahre lang auf abenteuerliche Weise die Flucht, sei es in Antwerpen, Brüssel, Limburg oder Dünkirchen. Eltern und Tochter überlebten – anders als viele ihrer Freunde und Bekannte. Ich fragte sie einmal auf einer der vielen Veranstaltungen, die wir in den letzten Jahrzehnten durchgeführt haben, ob sie immer daran geglaubt habe, dass sie und ihre Eltern gerettet würden. Die Antwort war angesichts der vielen auf der Flucht erlebten Schrecken ein durchaus überraschendes entschiedenes “Ja!” – Nie hätte sie daran einen Zweifel gehabt. Es war Faye, die das Überleben der Familie ermöglichte. Sie, die Sprachbegabte, wurde vorgeschickt, um bei Behörden vorzusprechen. Im Diamantenhandel verdiente sie den Lebensunterhalt für die Familie. Dank ihrer unglaublichen Courage, mit Selbstvertrauen und sicherlich auch viel Glück konnte die Familie überleben. Nach Kriegsende kehrte Faye mit ihren Eltern nach Köln zurück.

Nach kurzer Zeit ging sie dort hin, wohin sie schon in der Zeit ihrer Flucht immer wieder vergeblich versucht hatte, auszuwandern: die Vereinigten Staaten. Dort nahm sie den Vornamen Faye an, da “fanny” im Englischen eine unschöne Bedeutung hat. Sie arbeitete als Schauspielerin und Model. Die ersehnte große Hollywoodkarriere blieb jedoch aus; über kleinere Rollen in drittklassigen Filmen kam es nicht hinaus. “Hollywood” blieb bis in die letzten Lebensjahre immer wieder Gesprächsthema.

Faye Cukier als Mata Hari, New York um 1950 (Fotograf: Ed Lowy)

Wenn irgendjemand ein Foto von ihr machen wollte, setzte sie sich in Pose und gab mit einem Schuss Selbstironie die kleine Diva. Seit 1968 besuchte Faye regelmäßig ihre alte Heimatstadt und pendelte zunächst zwischen Köln und Philadelphia hin und her. In den letzten Jahren blieb sie vor allem in Köln. Für Familie und Freunde in den USA war es unverständlich, was sie mit dem Land der Peiniger so intensiv verband. Für Faye war es ganz einfach: Köln war ihre Heimatstadt und vor allen Dingen gab es hier im Unterschied zu dem drögen Philadelphia, das kaum Cafés oder Gaststätten, geschweige denn Kulturveranstaltungen oder ein Nachtleben hatte, all das, was sie brauchte: die Geselligkeit unter allen möglichen Leuten. 1997 habe ich sie in Philadelphia besucht. Sie fuhr uns in einem offenen roten Cabrio durch die Stadt. Es war klar, dass diese Stadt nicht den Boden bilden konnte, den Faye für ihre Entfaltung benötigte – wenn man vom Swimmingpool in ihrem Haus mal absah.

So gesehen stürzte sich Faye in Köln ins Getümmel und wurde bald bekannt. Man braucht ihren Namen nur zu erwähnen, dann stellt sich bei jenen, die sie mal gesehen haben, ein Lächeln ein.

Bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Kunst und Gedenken“ am 17. März 2011 im EL-DE-Haus (Foto: Fikentscher)

Faye war ohne Frage eine imposante Persönlichkeit. Dort, wo sie hinkam, fiel sie auf, und sie wollte auch auffallen. Sie liebte es, im Mittelpunkt zu stehen. Diese kleine, zierliche Person war stets schick und modern gekleidet. Fragen nach ihrem Alter verstand sie sehr lange Zeit kokett zu umschiffen. Sie strahlte voller Lebenslust und Fröhlichkeit und war den unterschiedlichsten Menschen offen zugewandt. Sie sprach sieben Sprachen, das Kölnische gar nicht mitgezählt. Als sie 2020 ins Jüdische Elternheim kam, meinte sie zu mir, jetzt werde sie noch russisch lernen, weil viele der Heimbewohner nur russisch sprechen würden. Sie war polyglott und zu allen Menschen und Kulturen aufgeschlossen. Standesdünkel kannte sie nicht. Das Gespräch mit dem Mann an der Kasse war genau so freundlich und charmant wie das mit offiziellen Vertretern.

Dementsprechend war ihr Terminkalender für jeden Tag prall gefüllt. Besuche von kulturellen Veranstaltungen wechselten sich ab mit privaten Treffen in ihrem großen Freundes- und Bekanntenkreis. Am liebsten hatte sie es, in geselliger Runde die Nacht zum Tag zu machen. Dann ließ sie sich auch nicht zweimal bitten, ihren legendären Bauchtanz vorzuführen. Ein gelungener Abend war selten vor zwei Uhr in der Nacht zu Ende. Sie leide an der “Amüsierkrankheit” hatte bereits ihr Vater spaßeshalber zu seiner heranwachsenden Tochter gesagt. Jedenfalls an Ausdauer und Lebensfreude hat sie sich von niemanden übertreffen lassen.

Dennoch mangelte es ihr nicht an Ernsthaftigkeit und Engagement. An die schreckliche Verfolgung in der NS-Zeit wollte sie stets erinnern. Faye hat das NS-Dokumentationszentrum über Jahrzehnte begleitet, mit vielen Kolleginnen und Kollegen und nicht zuletzt mit mir freundschaftlich verbunden. Kaum jemand hat so viele Veranstaltungen im NS-DOK besucht wie Faye. Eröffnungen von Ausstellungen, Vorträge, Diskussionen. Sie war Stammgast und für sie war stets in der ersten Reihe ein Platz reserviert.

Faye Cukier mit Werner Jung bei einer Veranstaltung im Domforum am 10. November 2010 (Foto: Anneliese Fikentscher / arbeiterfotografie.com)

Als Ergebnisse unserer Zusammenarbeit seien genannt:

  • Das Buch: Jahrelang schleppte sie das amerikanischsprachige Manuskript ihrer Erinnerungen von über 800 Seiten (den “Zentner”, wie sie es sagte) mit sich herum. Sie erhielt Absage auf Absage von deutschen Verlagen. 2006 erschien das Buch in den USA. 2011 entschied ich mich, diesem Elend ein Ende zu machen und zusammen mit Faye ihr Buch in der Schriftenreihe des NS-DOK herauszugeben. Es folgte eine Zeit intensiver Zusammenarbeit. Bewundernswert war das exakte Gedächtnis der damals bald Neunzigjährigen. Über fünf, sechs Stunden dauerten die einzelnen Sitzungen; sie war unermüdlich, während sich bei mir doch leichte Ermüdungserscheinungen einstellten, hieß es von ihr nur: “Wo gehen wir denn jetzt hin?” 2012 erschien ihr Buch “Flucht vor dem Hakenkreuz” in der Schriftenreihe des NS-DOK im Emons-Verlag (an der Kasse im Foyer des EL-DE-Hauses erhältlich). Es folgte eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die wir im “Interviewstil”, wie Faye es nannte, gemeinsam durchführten. Am liebsten hätte sie davon jede Woche mindestens drei gehabt
  • Das Interview: Innerhalb des Projektes “Erlebte Geschichte” ist ein mehrstündiges Video-Interview mit Faye entstanden, das Dr. Martin Rüther, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des NS-DOK, 2006 geführt hat (eg.nsdok.de).
  • Der Film: Aus einer zufälligen Begegnung mit den Filmemachern Marcel Schleibaum und Steffen Wimmers in einem bekannten Szene-Lokal entstand zwischen 2012 und 2016 der 97minütige Dokumentarfilm “Kölsches Mädchen – Jüdischer Mensch. Die Flucht der Faye Cukier”. Gedreht wurde an den Originalplätzen. In Archiven zum ersten Mal entdeckte Dokumente konnten gefilmt werden. Sie belegen eindrucksvoll die Aussagen von Faye in ihren Erinnerungen. Die DVD ist an der Kasse im EL-DE-Haus erhältlich.
  • Das Junge Museum: Die Biografie von Faye Cukier wird im Rahmen der Erweiterung im EL-DE-Haus im Jungen Museum auf der vierten Etage für Kinder und Jugendliche interessant aufbereitet. Für Faye ist so im EL-DE-Haus eine Art Erinnerungsraum geschaffen worden.

Für Faye war es, wie sie es in einem der Interviews sagte, “das große Anliegen, dass meine Geschichte lebendig bleibt”. Dafür hat sie über viele Jahre sehr viel getan. Und für das NS-Dokumentationszentrum war dies ebenfalls ein großes Anliegen und wird es auch bleiben.

Versprochen, liebe Faye!

 

OB Henriette Reker ist Schirmherrin der Aktionswoche zum Jahrestag der Bücherverbrennung 1933

Der Vorstand des EL-DE-Haus Vereins freut sich sehr, dass die Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Schirmherrschaft über die im Mai dieses Jahres stattfindende Aktionswoche zur Bücherverbrennung übernimmt. Gemeinsam mit zahlreichen Kooperationspartnern erinnern wir an die Bücherverbrennung durch die Nazis im Mai 1933 . Es geht uns dabei nicht nur um die Vergangenheit sondern auch um das Schicksal von Autorinnen und Autoren deren Werke heute verbannt sind. Eines der bekanntesten Beispiele ist Salmann Rushdie mit seinem Buch »Die satanischen Verse«.

Informationen zur Aktionswoche finden sich hier.

EL-DE-Info 96 vom Dezember 2022

EDITORIAL

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Mitglieder des Vereins EL-DE-Haus,

zum Jahresende haben wir einen Newsletter zusammengestellt, der einerseits einen Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr und andererseits einen Ausblick auf das kommende Jahr gibt.

Das Jahr begann für uns mit einem Paukenschlag: Die AFD-Fraktion wollte unserem Verein beitreten. Wir haben diesen Antrag mit guten Gründen abgelehnt und dies auch öffentlich bekannt gemacht. Es gab von den Antragstellern danach keine weitere Reaktion. Im Verein führte dies zu einer Diskussion über die Vereinsziele, die wir präziser fassen wollten. Schließlich haben wir eine Satzungsänderung beschlossen, die auf der letzten Mitgliederversammlung verabschiedet wurde. Die neue Satzung wird nach Abschluss der Formalitäten veröffentlicht werden.

Das große Thema in 2022 war die sich hinziehende Debatte um die Besetzung der Direktion in der Nachfolge von Werner Jung. Unklarheiten über das Verfahren und Verzögerungen im Ablauf führten zu einer von uns angestoßenen öffentlichen Debatte, in der sich viele von Ihnen mit engagierten Beiträgen zu Wort meldeten. Im Sommer herrschte dann schließlich Klarheit über den Ablauf und zum 1. November konnten die Mitarbeiter*innen des NS-Dokumentationszentrums und wir als Verein Dr. Henning Borggräfe als neuen Direktor begrüßen. Sein Grußwort an die Mitglieder des Vereins verbunden mit einem Ausblick auf die zukünftigen Schwerpunkte der Arbeit veröffentlichen wir an dieser Stelle.

Neben inhaltlichen Themen und Veranstaltungen – als größte ist der Besuch von Beate Klarsfeld zu nennen – war ein Schwerpunkt unserer Arbeit die Neuaufstellung unserer Öffentlichkeitsarbeit.

Neben diesem bewährten Newsletter haben wir seit einiger Zeit eine eigene Homepage, auf der wir aktuelle Beiträge und Berichte einstellen. An der Verbindung zum NS-Dokumentationszentrum hat sich dadurch nichts geändert. Im Gegenteil: wir können dadurch auch gezielter werben, auf wichtige Themen hinweisen und schneller reagieren.

Wer sie noch nicht kennt, klicken Sie hier: https://el-de-haus-koeln.de

Auch der Facebook-Auftritt des Vereins wurde verändert und unabhängig von der städtischen Institution gestaltet. Dies gibt uns die Möglichkeit, mit eigenen Themen an die Öffentlichkeit zu gehen. Zusätzlich pflegen wir auch einen Instagram-Auftritt, um dort auch die Beiträge des Museums zu teilen und zu verbreiten.

Für das kommende Jahr freuen wir uns nach den genannten Debatten auf neue inhaltliche Aspekte, sowohl im Verein EL-DE-Haus als auch im NS-Dokumentationszentrum. Ein inhaltlicher Schwerpunkt wird das Gedenken an die Bücherverbrennungen im Mai 1933 anlässlich des Jahrestages sein, zu dem wir eine Aktionswoche mit vielen unterschiedlichen Kooperationspartnern und Akteuren planen. Aktuelle Informationen dazu gibt es unter: http://verbranntundverbannt.info/

Darüber hinaus werden wir in einer eigenen Veranstaltung an das Inkrafttreten des sogenannten Gesetzes zur Wiedereinführung des Berufsbeamtentums erinnern.

Im NS-DOK steht die Eröffnung des Hauses für Erinnern und Demokratie an, auf die wir alle sehr gespannt sind. Einen ersten Ein-druck mit einer Besichtigung der neuen Räume bieten die Mitarbeiter Bastian Schlang und Ilja Gold am Mittwoch, dem 18. Januar 2023 um 17 Uhr an. Bitte melden Sie sich bei Interesse unter el-de-haus@web.de an.

Der Verein wird wie bereits in der Vergangenheit mit anderen Gruppen und Institutionen in der politischen Arbeit kooperieren. Zu nennen sind hier besonders das Bündnis »Köln stellt sich quer« und die »Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit«, aber auch einige andere Bündnispartner, mit deren Themen wir verbunden sind. Dies spiegelt sich auch in der Vernetzung der einzelnen Vorstandsmitglieder in anderen Initiativen wider.

Schließlich bieten wir noch eine Kuratorenführung zu der aktuellen Sonderausstellung »Haut, Stein« mit Jakob Ganslmeier am Ende der Ausstellung am Sonntag, dem 8. Januar 2023 um 16 Uhr an. Auch hierzu bitte eine Rückmeldung bei Interesse mit Ihrer Anmeldung.

Im Namen des gesamten Vorstands wünschen wir Euch und Ihnen frohe Feiertage und einen guten Übergang in das neue Jahr!

Martin Sölle

Der komplette Newsletter kann auf der Seite
https://el-de-haus-koeln.de/newsletter/ geladen werden.

 

Glückwunsch und Dank an Rolly Brings

Verleihung des Karl-Küpper-Preises 2022

Es war ein besonderer Abend, der zeigte wie die Stadt Köln von und mit ihrer Zivilgesellschaft lebt. Für sein langjähriges und beispielgebendes Engagement wurde Rolly Brings mit dem Karl-Küpper-Preis in der Piazzetta des Rathauses am 14. November geehrt. In seiner Ansprache stellte Präsident Christoph Kuckelkorn für die Preisgeber des Festkomitees Kölner Karneval von 1823 e.V., dem Verein der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums e.V. und der Stadt Köln heraus, dass Rolly Brings der Preis in Würdigung seines besonderen Maßes an Engagement und Zivilcourage für die vielfältige Stadtgesellschaft und seinen steten Einsatz gegen Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung verliehen wurde.

OB Reker, Rolly Brings, Bernhard Cronin und Christoph Kuckelkorn (Foto: HB)

Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die schon langjährig mit dem Preisträger freundschaftlich verbunden ist, betonte in ihrem Grußwort den Mut und seine Haltung mit denen er sich immer wieder für Demokratie, Gerechtigkeit und Verantwortung vor unserer Geschichte eingesetzt hat: „Es gibt Stimmen, die berühren uns – die dringen in unsere Herzen und unseren Verstand. Sie appellieren, sie erinnern – und sie bewegen. Rolly Brings hat so eine Stimme. Sie ist rau, ehrlich, klar und „Kölsch“. Und sie hat uns Kölnerinnen und Kölnern so viel mitgeteilt. Sie hat gemahnt zu Offenheit, sie hat Kante gezeigt gegen Rassismus und Antisemitismus. Sie hat ihr Wort erhoben gegen Diskriminierung. Sie ist eingetreten für Geflüchtete, Ausgegrenzte und von dieser Gesellschaft Vergessene.“ Mit seiner Musik habe er so viel für eine aktive und mobilisierte Kölner Zivilgesellschaft erreicht. Entscheidend habe er zur Erinnerung an mutige Menschen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus beigetragen. Sowie unermüdlich gemahnt gegen die Gefahr von Antisemitismus, Rassismus und den Bestrebungen der politischen Rechten. Herzlich gratulierte sie dem „Frontmann unserer engagierten und couragierten Zivilgesellschaft!“

Werner Jung bei der Laudatio (Foto: HB)

Dr. Werner Jung, der ehemalige Direktor des NS-DOK, erinnerte in seiner Laudatio – aus der wir im Folgenden zitieren – zu Beginn an den Namensgeber des Preises: „Der Karl-Küpper-Preis ist nicht irgendein Preis, einer von so vielen. Das Besondere besteht allein schon darin, dass mit dem Preis ein berühmter Karnevalist geehrt wird – Karl Küpper. Der beste Büttenredner seiner Zeit. Besonders ist jedoch auch, wer ihn gestiftet hat: das Festkomitee Kölner Karneval höchstselbst. Im Preis kann man eine Art Selbstverpflichtung des Kölner Karnevals sehen, – anders als Jahrzehnte lang nach 1945 – sich seiner Geschichte (insbesondere in der NS-Zeit) und seiner heutigen – ohne Zweifel – großen gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen.“

Im weiteren Verlauf der Laudatio formulierte Werner Jung dann gekonnt die Preiswürdigkeit des Kölner Musikers: „Karl Küpper wird als unangepasst, widerborstig, kritisch, gradlinig, standhaft, aufrecht beschrieben. All das kann man auch über Rolly sagen. Karl Küpper und Rolly Brings sind Seelenverwandte.“ Wie es zu dem jahrzehntelang andauernden Engagement des Preisträgers gekommen ist, schilderte Jung an dessen Lebenslauf und verschiedenen Aspekten wie der Liebe zur Heimatstadt Köln, der kölschen Sprache und der Geschichte von unten. „Köln bezeichnete Rolly einmal als die “Unvollendete”. Die Rheinländer wären ohnehin “schwer regierbar” – darauf – so meint er – sollte man eigentlich stolz sein. Wer seine Texte liest, seine Lieder hört, erkennt seine große Gelehrsamkeit und sein breites Interesse an der Geschichte der Stadt.“

Ein weiterer wesentlicher Baustein für „Rolly´s Seelengebäude“ ist die Kölsche Sprache: „Kölsch ist für ihn unverblümt, ungeschminkt, näher dran am Menschen als das Hochdeutsche. So sagt er: “Wenn wir Kölsch sprechen, sind Herz und Kopf mit von der Partie.” Und er besteht auch darauf: “… wer Kölsch spricht, ist deswegen noch lange nicht ungebildet oder dumm”. So ist es ihm wichtig, seinem Publikum das Kölsche näher zu bringen. Für jedes seiner Konzerte, die er häufig mit seinem Sohn Benjamin bestreitet, verteilt er Papiere mit den Texten seiner Lieder, die er vorträgt, auf Kölsch und auf Hochdeutsch.“

Rolly Brings mit seiner Frau Gaby sowie Claudia Wörmann-Adam  mit Fritz Bilz, dem Autor des Buches über Karl Küpper (Foto: HB)

Inhaltlich ist Rolly Brings immer überzeugend und aufklärend. Er hat es selbst einmal so formuliert: „”Ich fühle mich mit Menschen verbunden und will mit ihnen weiterhin Sorge tragen, dass nicht vergessen wird, wohin es einst führte und zukünftig schleichend führen kann, wenn wir nicht wachsam solidarisch sind und Antisemitismus, Rechtsextremismus … Rassismus, ideologischen (aber auch religiösen) Fanatismus nicht bekämpfen.”

Deutlich stellte Werner Jung auch das Werk des Musikers Rolly Brings heraus: „1986 veröffentlichte er die Kassette und das Album “Für ein besseres Morgen. Lieder auf Kölsch”. Darin finden sich politische Lieder über Nelson Mandela und Nicaragua, über ganz normale Menschen wie einen Rom, eine türkische Arbeiterin und einen türkischen Arbeiter und die “Ballad Vum Facharbeider Klein Un Dem Microship”. Es wurden zudem zwei Lieder aufgenommen, die auch heute noch häufig gespielt werden: Edelweißpiraten (1983 geschrieben und von den Bläck Fööss in ihr Repertoire aufgenommen) und das Lied “EL-DE-Huus”, das 1982/83 komponiert wurde und noch heute bei jedem Auftritt von Rolly im EL-DE-Haus gespielt wird.“ Nicht zu vergessen auch die Lieder über Sinti und Roma, oder über das Schicksal der Juden am Beispiel des Liedes „David“ oder der Dichtungen des jiddischsprachigen Dichters Itzik Manger aus dessen Buch „Dunkelgold“.

Bewundernswert seine Zähigkeit und sein Durchhaltevermögen über so viele Jahre hinweg „für Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Als ein Kämpfer gegen Antisemitismus und Antiziganismus, gegen Diskriminierung und Rassismus, für Demokratie und Gleichberechtigung. Dank auch schließlich für seine enge Verbundenheit und „eine Art Patenschaft über das NS-DOK und das EL-DE-Haus.“

Die Co-Vorsitzenden des Verein EL-DE-Haus Claudia Wörmann-Adam und Martin Sölle und der Laudator Werner Jung gratulieren Rolly Brings. Neben ihm Gerhard Küpper.   (Foto: HB)

 

Sichtlich gerührt nahm der zu Recht so außerordentlich Gelobte die Glückwünsche und den Preis entgegen. Nachdem er sich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, dankte er für die Ehrung musikalisch mit vier Liedern, deren Text auf Kölsch und Hochdeutsch allen Anwesenden vorlagen. Für Karl Küpper die Homage „Es et am rääne?“. Für Menschen auf der Flucht und die erste Preisträgerin des Küpper-Preises Carola Rakete das Lied „Wat söke uns Dräum?“. Als überzeugter Europäer ein Lied über Europa und zum Abschluss als Dank an seine Mutter „Leev Mamm“.

Nachfolgend mit Zustimmung von Rolly Brings die 1. Strophen und links zu den Liedern.

 

Es et am rääne?

Du setz bovven op d`r Bütt.
Em Saal weiß jeder, was jetz kütt:
Och die Nazis en d`r eeschte Reih.

 

Wat söke uns Dräum?

För Gertrud Koch, Jean Jülich un Fritz Theilen

Wat söke uns Dräum
wenn se fahre op Scheffe
die usenanderfalle
enjezwängk unger Deck
met möde Jeseechter
un zerresse Hätzer?

 

Europa
Europa ohne Jrenze, Europa ohne Kreech.
Europa ohne Chauvi-Stuss: Dat wor ne lange Wääch.
Minge Pap un minge Opa marscheete zweimol durch Europa
met Hass em Hätz – fies opjehetz,
mem Stahlhelm om Kopp: tödlich beklopp.

 

Leev Mamm

Du häs sechs Enkelkinder,
Elf Urenkelcher och;
Du bes nit verjesse,
Du läävs en unserer Sproch.
Jede Baum om Friedhoff,
Dä ruusch, wat du jesaat,
Wat du meer und mingem Broder
Häs en et Hätz jelaat.

Kulturdezernent und neuer Leiter des NS-DOK beim Vorstand des Fördervereins EL-DE-Haus

Kulturdezernent Charles stellt den NS-Dok-Leiter vor (Foto: Maretzky)

Im Anschluss an die Vorstandssitzung vom 8.November 2022 haben der Kulturdezernent Stefan Charles und der neue Direktor des NS-Dokumentationszentrums, Dr. Henning Borggräfe, den Vorstand des Vereins EL-DE-Haus besucht. Der Kulturdezernent signalisierte eine deutliche Unterstützung der  Museen der Stadt Köln.

Dr. Henning Borggräfe hatte sich bereits am 25. Oktober mit einem Grußwort an die Mitgliederversammlung des Vereins El-DE-Haus gewandt, das wir nachstehend veröffentlichen:

Sehr geehrte Mitglieder des Vereins EL-DE-Haus,

ich danke Ihnen für die Möglichkeit, mich Ihnen auf diesem Weg kurz vorzustellen. Es freut mich sehr, zum 1. November die Position des Direktors des NS-DOK zu übernehmen. Die Leitung und Weiterentwicklung dieses wichtigen und auch dank Ihres langjährigen Engagements heute so großen und renommierten Hauses betrachte ich als eine spannende Herausforderung, der ich mich gemeinsam mit dem Team des NS-DOK sehr gerne stelle.

Kurz ein paar Worte zu meiner Person: In den letzten sieben Jahren habe ich als Abteilungsleiter für Forschung & Bildung bei den Arolsen Archives, einer von den Alliierten als Suchdienst gegründeten Einrichtung mit der weltweit größten Sammlung zu Opfern und Überlebenden der NS-Verbrechen, die Umgestaltung zu einem offenen Erinnerungs- und Informationszentrum mitverantwortet. Dabei habe ich als Leiter eines bis zu 20-köpfigen Teams zahlreiche Forschungs- und Vermittlungsprojekte entwickelt und erfolgreich durchgeführt. Hierzu zählen u.a. die 2019 eröffneten Dauerausstellung »Ein Denkmal aus Papier«, die ich als Projektleiter verantwortet habe, oder zuletzt das internationale Kooperationsprojekt #LastSeen, bei dem ein Online-Bildatlas zu Deportationsfotos entsteht, flankiert von einer Social Media-Kampagne und einer mobilen Ausstellung. Das verbindende Ziel meiner Arbeit war und ist es, historisches Wissen mit innovativen Ansätzen in seiner gegenwärtigen Bedeutung breit sichtbar und zugänglich zu machen.

Dr. Henning Borggräfe (Foto: Maretzky)

Als promovierter Zeithistoriker mit Forschungsschwerpunkten zu Gesellschaft und Verfolgung im Nationalsozialismus, der Nachgeschichte der Verbrechen und der Digital History, verfüge ich über eine langjährige Forschungserfahrung und breite Erfahrungen in der Durchführung von Veranstaltungen wie der Präsentation von Fachwissen, auch in den Medien. Seit 2019 arbeite ich nebenberuflich für das U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. an einem Band der »Encyclopedia of Camps and Ghettos« zur NS-Zwangsarbeit. Darüber hinaus befasse ich mich seit langem mit Fragen musealer Vermittlung und stadtgeschichtlicher Erinnerungskultur. So war ich u.a. vor meiner Tätigkeit in Bad Arolsen an der Neukonzeption der Gedenkstätte im ehemaligen Dortmunder Gestapogefängnis »Steinwache« beteiligt.

Im Profil des NS-DOK kommen die Themen zusammen, mit denen ich mich in Forschung und Vermittlung intensiv beschäftige. Diese Arbeit zukünftig hier – im Kontext der lebendigen Kölner Erinnerungskultur und der größeren Geschichte dieser vielfältigen Metropole – fortsetzen zu können, ist eine sehr reizvolle Aufgabe. Durch die hervorragende Arbeit des NS-DOK in den vergangenen Jahren, seine Größe und Ausstattung sowie den Schatz an Quellen und Wissen bieten sich exzellente Möglichkeiten, einen Erinnerungs- und Lernort fortzuentwickeln, der in der Stadt einen wichtigen Platz einnimmt, aber auch überregional und international Strahlkraft besitzt. Der Fokus auf die Lokalgeschichte steht diesem Anspruch keinesfalls im Weg. Vielmehr bietet gerade er hervorragende Perspektiven, die vielfach unfassbare Geschichte des Nationalsozialismus in ganz konkreten Geschichten greifbar zu machen und damit für heutige Befragungen zu öffnen.

Eine besondere Stärke sehe ich auch darin, dass mit der Info- und Bildungsstelle ein Arbeitsbereich im NS-DOK angesiedelt ist, dessen Tätigkeit unmittelbar auf die Gegenwart zielt. Die Wichtigkeit dieser Arbeit ist mir durch langjähriges Engagement in Initiativen gegen Rassismus und Rechtsextremismus im Ruhrgebiet gut vertraut.
Für die Weiterentwicklung des NS-DOK in den nächsten Jahren erachte ich vier Kontexte als wichtig: erstens der Umbruch im Haus, bedingt durch die räumliche Erweiterung und den Leitungswechsel; zweitens die mit der neuen Historischen Mitte anvisierte verstärkte Kooperation; drittens der Wandel unserer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, geprägt durch die Digitalisierung und das Ende der Zeitzeugenschaft; schließlich viertens wachsende gesellschaftlich-politische Spannungen und die rechte Mobilisierung als Herausforderungen der Demokratie.

Für das NS-DOK wird es vor diesem Hintergrund notwendig sein, Strukturen zu modernisieren und eine neue Strategie zu entwickeln. Hierzu habe ich bereits viele Ideen und freue mich darauf, auch die Vorstellungen und Überlegungen der Mitarbeiter*innen kennenzulernen. Und hierbei möchte ich auch Sie als Verein EL-DE-Haus mit einbeziehen. Eine übergreifende Herausforderung sehe ich darin, das Haus noch mehr mit der städtischen Öffentlichkeit und den vielfältigen Lebenswelten der Kölner*innen zu verbinden und die Bürger*innen stärker an Aktivitäten des NS-DOK zu beteiligen. Für diese Aufgaben bringe ich vielfältige Kontakte mit und bietet die Stadt Köln mit ihrer großen Museumslandschaft, der Universität, der Medienszene und der lebendigen Zivilgesellschaft ein Netz starker Partner.

Insbesondere schätze ich es, mit Ihrem Verein einen Akteur an der Seite des Hauses zu wissen, der sich nicht darauf beschränkt im Hintergrund zu unterstützen, sondern selbst aktiv ist und sich einsetzt, wenn es darauf ankommt.

Herzliche Grüße,
Henning Borggräfe

Der Vorstand mit dem Kulturdezernenten und dem Leiter des NS-DOK  (Foto: Mitarbeiterin Security)

 

Diskussionsveranstaltung mit Beate Klarsfeld

Köln, 17.10.2022

Auf Einladung des EL-DE-Haus Vereins wird Beate Klarsfeld am

Sonntag, 23.10. 2022 um 16:00 Uhr
im
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

mit dem WDR- Moderator Georg Restle diskutieren. Ursprünglich war diese Veranstaltung für das Frühjahr 2020 geplant, musste aber pandemiebedingt abgesagt werden.

Hintergrund der damaligen Einladung war der 40. Jahrestag des Urteils gegen Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn, die am 29. Januar 1980 vom Kölner Landgericht wegen der Deportation von 75.000 Jüdinnen und Juden aus Frankreich in die nationalsozialistischen Vernichtungslager – begonnen hatte der Prozess am 23.Oktober 1979.

Das Gerichtsverfahren erregte großes Aufsehen und konnte nur durch den unermüdlichen – fast zehnjährigen – Kampf des Ehepaars Klarsfeld und der Vereinigung der Söhne und Töchter aus Frankreich deportierter Juden (F.F.D.J.F) stattfinden. Frau Klarsfeld wird begleitet von einer Zeitzeugin des Prozesses: Madame Weisz (ebenfalls Mitglied der F.F.D.J.F.)

Mitveranstalter der Diskussion sind das NS-DOK und die Synagogen-Gemeinde Köln.

Bitte merken Sie sich diesen Termin vor. Für mögliche Gesprächswünsche und Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Co-Vorsitzende des EL-DE-Haus Vereins Claudia Wörmann-Adam.

Für weitere Informationen wenden Sie sich an: claudia.woermann@el-de-haus-koeln.de
Claudia Wörmann-Adam Tel.: 170 – 5415701

Das Medieninfo des Verein EL-DE-Haus und des NS-DOK kann hier geladen werden.
Ein Film und Kurzberichte zu der Veranstaltung findet sich unter der Rubrik Dokumentation. Ebenso die Reden von der Oberbürgermeisterin Reker und Beate Klarsfeld beim Empfang im Historischen Rathaus Köln.